Intelligente Gebäudeautomatisierung

Schlüssel zum Green Building?

Ein grünerer Gebäudesektor mit möglichst niedrigem Energieverbrauch, wenig Ressourcenverschwendung und hohem Komfort - das ist das Ziel aktueller Bemühungen auf nationaler Ebene vieler Länder wie auch international. Gebäudeautomatisierung ist dabei ein Thema, das zunehmend weiter in den Fokus rückt. Doch wie viel hat eine intelligente Gebäudesteuerung wirklich mit mehr Energieeffizienz zu tun?
Bild: Wago GmbH & Co. KG
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Als Green Building werden Gebäude bezeichnet, die möglichst nachhaltig gebaut sind und so auch betrieben werden. Ein starkes Augenmerk liegt dabei auf dem Energie- und Ressourceneinsatz. Nicht ohne Grund: Mit über 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und etwa 35 Prozent aller CO2-Emissionen allein in der EU ist der Gebäudesektor eine der energieintensivsten Branchen schlechthin – und damit ein wichtiger Faktor für die Energiewende. Während die Weiterentwicklung und der Ausbau erneuerbarer Energien wichtige Schritte sind, muss sich die Branche vor allem mit der Frage beschäftigen, wie gleichzeitig der Energieverbrauch von Gebäuden weiter gesenkt werden kann. Aktuell beanspruchen Nicht-Wohngebäude laut Dena Gebäudereport 2021 etwa 3.507km² beheizte Nettogrundfläche in Deutschland. Das entspricht beinahe der Größe Mallorcas. Mit 204TWh entfällt der größte Teil der genutzten Energie dabei auf Raumwärme, gefolgt von Beleuchtung mit 56TWh, Warmwasser mit 25TWh und Klimakälte mit 9TWh. „Das lässt noch viel Spielraum für Optimierungen“, folgert Dirk Dronia, Industry Manager Building Automation bei Wago.

Neuer Standard: Hohe Energieeffizienz bei Neubauten

„Die Standards beim Bauen sind heute schon hoch. Die meisten neuerrichteten Gebäude sind in ihrer Isolierung schon fast wie eine Thermoskanne,“ fügt Dirk Dronia hinzu. Auch die Beleuchtung wird dank LED-Technik immer effizienter. Der Energiebedarf eines Gebäudes wird damit generell schon reduziert. Allerdings zeigt sich, dass auch in Neubauten mit effizienter Bauweise und Niedrig-Energie-Techniken der Energieaufwand für die Raumtemperierung einer der größten Energieposten im Bereich der Nicht-Wohngebäude bleibt – nicht zuletzt auch deshalb, weil ein angenehmes Raumklima den Komfort und die Produktivität der Nutzer beeinflusst. Hier gilt es, den Energieaufwand für ein optimales Raumklima effizient zu gestalten.

"Die Raumautomation - also die Kombination aus Klima- und Beleuchtungsreglung sowie Beschattung - spielt auch in gut gedämmten Neubauten eine wesentliche Rolle und ist für ein optimales Klima sowie Komfort bei maximaler Energieeffizienz unerlässlich." - Dirk Dronia, Industry Manager Building Automation bei Wago
„Die Raumautomation – also die Kombination aus Klima- und Beleuchtungsreglung sowie Beschattung – spielt auch in gut gedämmten Neubauten eine wesentliche Rolle und ist für ein optimales Klima sowie Komfort bei maximaler Energieeffizienz unerlässlich.“ – Dirk Dronia, Industry Manager Building Automation bei Wago – Bild: Wago GmbH & Co. KG

Raumautomation spielt auch in Neubauten eine wichtige Rolle

„Die Raumautomation – also die Kombination aus Klima- und Beleuchtungsreglung sowie Beschattung – spielt auch in gut gedämmten Neubauten eine wesentliche Rolle und ist für ein optimales Klima sowie Komfort bei maximaler Energieeffizienz unerlässlich. Bevor Räume im Sommer gekühlt werden, verhindert die geschlossene Beschattung eine Sonneneinstrahlung und damit ein Aufheizen. Im Winter kann durch Öffnen der Beschattung der Raum gewollt erwärmt werden, um die Heizung zu unterstützen bzw. um die warme Raumluft über die Abluft der Wärmerückgewinnung zuzuführen. Verfügt die Beschattung über eine Trennung zwischen Blendschutz und Lichtumlenkung, kann trotz Blendschutz Sonnenlicht in den Raum gelenkt werden, bevor die elektrische Beleuchtung in Betrieb geht“, so Dronia. So sorgt ein ausgeklügeltes Raumautomationssystem ohne nötige Eingriffe durch den Nutzer für optimale Raumbedingungen und einen effizienten Energieeinsatz – eine Win-Win-Situation für alle Seiten und deshalb bei vielen Neubauprojekten auch schon State-of-the-Art. Wieso bereitet der Gebäudesektor vielen Politikern und Klimaexperten also solche Bauchschmerzen?

Veränderungen setzen sich nur langsam durch

Die Krux: Im Gegensatz zu sich schnell verändernden Branchen – wie dem Automobil- oder IT-Sektor – sind Gebäude auf eine viel längere Nutzungsdauer ausgelegt. Veränderungen setzen sich langsam durch. Für neue Gebäude kann die verfügbare Technik für einen energieeffizienten Betrieb von vornerein geplant und umgesetzt werden. Für jedes neue, effiziente Gebäude gibt es aber eine Vielzahl an Bestandsbauten, die seit teilweise Jahrzehnten wahre Energiefresser waren und auch heute noch sind. So werden in 2050, angestrebtes Jahr für Europas Klimaneutralität, noch über 80 Prozent der bereits bestehenden Gebäude vorhanden sein. Soll der Gebäudesektor also grüner werden, muss vor allem der große Teil an Bestandsgebäuden energieeffizient saniert werden (siehe Infokasten). Sanierungen sind deshalb längst auch auf europäischer Ebene in Diskussion und wurden mit der ‚Renovation Wave‘ 2020 als konkretes Ziel ins Auge gefasst.

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Energiefresser Gebäudebestand: Facts & Figures zur aktuellen Situation des Sektors – Bild: Wago GmbH & Co. KG

Die Renovation Wave: Sanierungsrate muss steigen

Diese ‚Renovation Wave‘ steht für einen Aktionsplan der europäischen Kommission im Rahmen des European Green Deals, der mehrere Maßnahmen zur Förderung der Gebäuderenovierung umfasst. Ziel des Maßnahmenpapiers ist es, die Energieperformance von Gebäuden zu verbessern und so einen Beitrag zur Klimaneutralität und der wirtschaftlichen Erholung zu leisten. Denn heute weiß man: Um die Klimabilanz des Gebäudesektors zu verbessern, braucht es nicht wenige Vorzeige-Smart-Buildings, sondern vor allem deutlich mehr energieeffiziente Sanierungen in der breiten Masse. Aktuell, so die europäische Kommission, liegen diese jährlich bei gerade einmal einem Prozent aller Gebäude – zu wenig, um das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen. Diese Rate soll daher in kürzester Zeit mindestens verdoppelt werden. Dabei spielt auch die Nachrüstung von Gebäudeautomatisierung eine wichtige Rolle.

Energieeffizienzpotential von Nicht-Wohngebäuden

„Die Automatisierung von Gebäuden bietet Nutzern und Betreibern in Bezug auf Energiemonitoring, Energieeffizienz und Komfort nachweislich Vorteile“, betont Dirk Dronia noch einmal. „Gerade bei Bestandsbauten stellt diese damit einen ganz wesentlichen Punkt dar, um Energie und somit CO2 einzusparen.“ Die Wichtigkeit der Nachrüstung wird auch in aktuellen Direktiven hervorgehoben: Die neueste Fassung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) von 2018 sieht vor, dass größere Nicht-Wohngebäude im Bestand ab dem Jahr 2025 mit den wichtigsten Funktionen der Gebäudeautomation ausgestattet werden müssen. Dies betrifft Nicht-Wohngebäude mit einer installierten Leistung von 290kW bei Heizungs- oder Klima- bzw. Lüftungsanlagen, sofern dies technisch und wirtschaftlich machbar ist. Allerdings wird der Zusatz ‚wirtschaftlich machbar‘ aktuell diskutiert, da das Ziel, CO2 einzusparen, höher bewertet wird als ein rein wirtschaftlicher Nutzen. Auf jeden Fall bieten alte Bestandsgebäude ohne vernetzte Gebäudeautomation bzw. Raumautomation und Energiemonitoring mitunter die größten Energieeinsparpotentiale in der Branche. In der Sanierung des Bestandsbaus spielt die Automatisierung daher eine entscheidende Rolle, die z.B. mit der EPBD als Richtlinie auf europäischer Ebene gefordert wird.

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Feldbusunabhängig und flexibel: Die I/O-Systeme von Wago – Bild: Wago GmbH & Co. KG

Flexible Automatisierung: Schlüsselrolle bei Gebäudesanierungen

Mit Gebäudeautomatisierung lassen sich gebäudetechnische Prozesse erfassen, steuern und regeln. Dabei entstehen Synergien, z.B. zwischen Heizung, Lüftung und Klimatisierung wie auch Beleuchtung und Beschattung. Primärenergie kann so bedarfsorientiert eingesetzt werden. Sprich: Energie wird nur dann verbraucht, wenn sie auch wirklich benötigt wird – wie bei der tageslichtabhängigen Lichtsteuerung oder anwesenheitsabhängigen Klimatisierung. Die dafür notwendigen Steuerungen sind in den meisten Fällen problemlos nachrüstbar. Plus: Gebäudeautomation macht unmittelbar auf Missstände aufmerksam und ermöglicht so ein schnelles Eingreifen, was wiederum der Verschwendung von Ressourcen entgegenwirkt.

Flexibel im Hardwareaufbau

Für eine effiziente Automatisierung braucht es neben der Hardware auch das entsprechende Knowhow: „Mit dem 750er System von Wago auf der einen Seite und einer ausgeklügelten Applikation auf der anderen Seite kann z.B. so ziemlich alles ausgeführt werden. Mit einem modularen System, wie unserem I/O-System 750, sind Gebäudebetreiber maximal flexibel im Hardwareaufbau.“ So kann die benötigte Hardware einfach nach Bedarf an die physikalischen Bedingungen angepasst werden, um vorhandene Aktoren und Sensoren weiter zu verwenden. Ein wichtiger Punkt, um Sanierungen zu ermöglichen. Denn: „Das wird für Hersteller wie auch Betreiber die nächsten 10 bis 15 Jahre ein maximaler Spagat“, weiß Dirk Dronia und weiter: „Wir müssen im Bestand maximal flexibel sein, zur Not auch mit alten Feldgeräten und mit Passivsignalen, während wir bei Neubauten bereits im IoT Bereich unterwegs sind. Sprich: Smarte Sensoren und alles ist digital. Das mit einer Produktpalette abzudecken ist die Aufgabe, die wir heute schon täglich erfüllen.“

Fazit: Gebäudeautomation als Schlüssel zum Green Building?

Smart gesteuerte Gebäude haben viele Vorteile: Sie sind komfortabler, erleichtern dem Nutzer den Alltag, erlauben eine optimale und effiziente Flächennutzung, fordern nach Bedarf Dienstleistung für die Raumpflege, technische Wartungen und Entstörungseinsätze an und können nicht zuletzt die Energiebilanz verbessern – und somit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende beisteuern. Bei Neubauten wird deshalb fast schon durchgängig auf entsprechende Automatisierungsmaßnahmen gesetzt – nicht nur aufgrund der Energieeffizienz, sondern auch wegen des Komforts und smarter Services. Die Einsparpotentiale durch die Gebäudeautomation in Bestandsgebäuden werden aber immer noch nicht flächendeckend und im ausreichenden Maß ausgeschöpft. Doch gerade diese energetischen Sanierungen mit der Nachrüstung von ausgefeilten Automatisierungssystemen braucht es, um langfristig auch im Gebäudesektor Klimaneutralität zu erreichen. Es ist daher notwendig, den Blick verstärkt auf das Thema Sanierung zu richten – und dabei auch die Gebäudeautomation in den Fokus zu rücken.

Autorin | Liza Schlensker, Content Redakteurin, Wago GmbH & Co. KG

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