Ivo Körner: „Die Zukunft gehört intelligenten Gebäuden“
Moderne Informationstechnologie hilft, Gebäude wirtschaftlicher zu managen und deren CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei dem Einsatz intelligenter Steuerungs- und Analyse-Software zu. IBM ist mit dem Smarter Buildings-Angebot stark in diesen neuen Technologien engagiert. Ein Gespräch mit Ivo Körner, Vice President, Software Group, IBM Deutschland, über die Notwendigkeit intelligenter Gebäude.
GD: Herr Körner, in der Smarter Buildings-Kampagne behauptet IBM, ‚Grüne‘ Gebäude seien intelligente Gebäude. Was versteht IBM unter einem intelligenten Gebäude?
Körner: Ich darf Sie vielleicht zu einem kleinen Experiment einladen: Was hören wir, wenn wir normalerweise in einem Konferenzraum sitzen? Wir hören Server, die Klimaanlage, irgendwo rauscht vielleicht eine Wasserleitung, eine Fahrstuhltür schließt, ein Kopierer arbeitet oder eine Sonnenblende öffnet sich. Hinter all diesen Vorgängen steckt Technik, an all diesen Punkten laufen Daten zu Verbrauch und Nutzung auf. In einem intelligenten Gebäude werden diese Daten gesammelt und in Beziehung zueinander gesetzt. Daraus ergeben sich bestimmte Nutzungsmuster, die Schlüsse auf zukünftige Ereignisse ermöglichen und entsprechende Maßnahmen – teilweise automatisch – hervorrufen. Das verstehen wir unter intelligenten Gebäuden.
GD: Können Sie das an einem Beispiel erläutern?
Körner: Nehmen Sie doch einfach nochmals das Beispiel Konferenzraum. Dieser wird vielleicht nur ein, zwei Stunden am Tag genutzt. Trotzdem läuft die Klimaanlage oder die Heizung, als ob er ständig besetzt ist – außer es kommt jemand und dreht die Heizung ab, was wahrscheinlich nur unregelmäßig geschieht. Ein intelligentes Gebäude kennt die Nutzungsmuster der Räume und passt das Raumklima entsprechend an. Verbesserungen in dieser Art summieren sich.
GD: Sehen Sie die Energiebilanz von Gebäuden hier als ein Fokus-Thema?
Körner: Der Fokus liegt definitiv auf der Verbesserung der Energienutzung in Gebäuden. Und das mit gutem Grund: Heute entfallen 40% der Energienutzung und 33% der CO2-Emissionen auf den Betrieb von Gebäuden. Elektrizität und andere Energieträger machen einen wachsenden Anteil der Betriebskosten aus. Jede Einsparung hier wirkt sich positiv auf die Gesamtkosten aus.
GD: Wie lässt sich diese Intelligenz in das Gebäude-Management bringen?
Körner: Moderne Gebäude werden heute bereits in der Planung umfassend mit automatischen Steuerungssystemen ausgestattet, um den Betrieb und den Energieverbrauch effizienter zu gestalten. Stichworte wie Smart Meter oder Smart Home zielen auf diese Initiativen ab. Sie setzen eine tiefgehende Instrumentalisierung der Gebäude voraus: Intelligente Zähler geben Echtzeitinformationen über den Medienverbrauch, die Gebäudeleittechnik sammelt an unzähligen Datenpunkten Massen an Informationen. All das führt bereits zu einem Gewinn an Effizienz. Die Herausforderung liegt jedoch darin, dass viele dieser Systeme unabhängig voneinander arbeiten. Wenn es gelingt, diese unabhängigen Systeme zu vernetzen, steigt das Optimierungspotenzial beträchtlich.
GD: Wie hat man sich diese Vernetzung vorzustellen und welche Rolle spielt die Software dabei?
Körner: Die durch die Gebäudeautomatisierung erzeugten Datenmengen benötigen eine systemübergreifende und performante Vernetzung, durch die Informationen weitergeleitet, gespeichert, sortiert und zentral analysiert werden. Das bedeutet eine Öffnung und Erschließung der vielen unterschiedlichen Datensilos, die in der Gebäudewirtschaft – historisch bedingt – im Einsatz sind. Diese zentralen ‚Informations-Cockpits‘ basieren auf moderner System-Management-Software.
GD: Das betrifft aber erst die Sammlung und Analyse – wann kommt die Intelligenz ins Spiel?
Körner: Die intelligente Aufbereitung der Daten geschieht durch moderne Analyse- und Prediktive-Software. Diese analysiert beispielsweise historische Daten und bringt sie in eine Übersicht mit Tabellen, Grafiken und Grenz- bzw. Schwellwerten. Diese Schwellwerte werden wiederum von Event-Management-Software überwacht. Werden sie überschritten, werden automatische Maßnahmen angestoßen – entweder in Form von Benachrichtigungen per SMS oder E-Mail oder von automatisierten Mechanismen. Moderne Statistikwerkzeuge identifizieren über mehrdimensionale Auswertungen unterschiedlicher Systeme automatisch Schwachstellen und lernen aus dem Systemverhalten. Dadurch lässt sich z.B. verhindern, dass Systeme und Geräte ausfallen. Durch vorkonfigurierte Regeln lassen sich automatisch proaktive Maßnahmen anstoßen.
GD: Das hört sich so an, als würde man dem Gebäude beibringen, dass es spürt, wenn etwas nicht in Ordnung ist?
Körner: So könnte man es ausdrücken. Das System bemerkt eine Leistungsabweichung vergleicht diese mit anderen, historischen Daten und schließt daraus auf den Handlungsbedarf, ja, handelt sogar autonom. Dadurch lässt sich die Effizienz beträchtlich erhöhen.
GD: Welche weiteren Entwicklungen erwarten Sie in diesem Bereich in der Zukunft?
Körner: Angesichts der Verknappung der Ressourcen wird der Bedarf an Optimierung der Gebäudeeffizienz weiter steigen. Dabei wird die Vernetzung noch weiter um sich greifen und immer mehr Systeme mit in das Gesamtsystem einbeziehen – also etwa Parkanlagen, Sportanlagen, Liegenschaften in anderen Stadtteilen usw. Dieses Netz wird dichter und sich verstärkt auch mit dem nächst größeren Netzwerk – dem des urbanen Raums – verbinden. Wir sind erst am Anfang der Optimierungen, die möglich sind. Zeit haben wir aber dennoch nicht zu verlieren.