Einsparpotenziale heben

Lötanlagen sind ein gutes Einsatzgebiet, um Energieströme zu messen und aus den Werten Verbesserungen abzuleiten.
Lötanlagen sind ein gutes Einsatzgebiet, um Energieströme zu messen und aus den Werten Verbesserungen abzuleiten.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Der Wert, den die Packungsbeilage in der Pharmaindustrie und die Zutatenliste bei den Lebensmittelherstellern hat, kommt in der Gebäude- und Fabrikautomation den gesammelten Prozess- und Energiedaten zu. Unternehmen, die hier Einsparungen erzielen möchten, müssen schließlich wissen, wie der aktuelle Stand der Dinge ist. Wo genau wird in der Fabrikhalle zu viel Energie verbraucht? Wo brennt das Licht auch nach Schichtende? Ein Mitarbeiter, der dies in puncto Strom, Wärme und Kälte genau erfahren möchte, ist Dr. Till Potente. Der Leiter des Bereichs Operations and Sustainability bei Phoenix Contact Electronics geht am Unternehmensstandort Bad Pyrmont gemeinsam mit dem dortigen Facility Management gezielt auf die Suche nach Verbesserungspotenzial. Er fokussiert sich auf Maßnahmen, die zu effizienteren Abläufen führen und damit die Nachhaltigkeit des Standorts weiter optimieren. Wie bereits erwähnt: Es handelt sich um Strom, Wärme und Kälte. Wenn diese Energieformen als Dreiklang verstanden werden, erschließt sich sofort, weshalb sich die Effizienz am besten im Verbund steigern lässt.

Zur Verbesserung der Effizienz lohnt es sich immer mehr, kleine Systeme für die Rückgewinnung von Verlustenergie einzusetzen.
Zur Verbesserung der Effizienz lohnt es sich immer mehr, kleine Systeme für die Rückgewinnung von Verlustenergie einzusetzen.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Abwärme gezielt einsammeln

Produktionsprozesse erzeugen aufgrund von Wirkungsgradverlusten der eingesetzten Technik Wärme. Darüber hinaus gibt es klassische thermische Herstellungsverfahren, die ebenfalls Wärme an ihre Umgebung abgeben. Diese Energie möchte Till Potente zielgerichtet einsammeln sowie in Räume und Verfahren mit einem Wärmebedarf überführen. „Wir ernten Energie“, fasst der Betriebsleiter seine Aktivitäten zusammen. „Phoenix Contact ist irreversibel auf der grünen Welle unterwegs“, stellt Till Potente fest. Durch den veränderten Blick auf die Abhängigkeit fossiler Brennstoffe mit entsprechend hohen Preisen sowie die Begrenzung der Erderwärmung erweist sich die grüne Welle als mächtig. Die Folge: Solarenergie wird im Vergleich zu fossilen Energieträgern stetig wirtschaftlicher und die Motivation für die Rückgewinnung von Energie nimmt zu. Es rechnet sich also, die einmal erzeugte Energie so lange wie möglich im System zu halten. Für die Ernte eignen sich die großen Lösungen, z.B. zentrale Wärmerückgewinnungsanlagen, aber nicht mehr. „Wir benötigen zahlreiche kleine Systeme direkt an den Fertigungslinien“, führt Till Potente aus. Diese neue Kleinteiligkeit erfordert allerdings mehr Vernetzung und Integration der Produktionseinheiten. „Die fertigenden Unternehmen haben es hier mit Zusammenhängen zu tun, die sich ohne Digitalisierung nicht beherrschen lassen.“

Mit der Data Collection Box hat Phoenix Contact eine Lösung entwickelt, die sich einfach für die Messdatenerfassung nachrüsten lässt.
Mit der Data Collection Box hat Phoenix Contact eine Lösung entwickelt, die sich einfach für die Messdatenerfassung nachrüsten lässt.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Lösung zur Datenerfassung

Wer effizienter arbeiten möchte, sollte die eingefahrenen Produktionsabläufe und das dafür verwendete Anlagenlayout kritisch analysieren. Der Zeitpunkt für eine umfangreiche Reorganisation ist in einem der Produktbereiche am Standort Bad Pyrmont gut gewählt, da dort Verlagerungen anstehen. „Diese Chance nutzen wir, um beim Umbau der Anlage ohne nennenswerte Zusatzkosten ein energetisches Re-Design durchzuführen“, berichtet Potente. Die Grundlage für die Prozessveränderungen bildet auch in diesem Fall eine Datenbasis, die hohe Transparent hinsichtlich der Einzelabläufe, Energieflüsse und gegenseitigen Wechselwirkungen schafft. Dazu kommt eine nachrüstbare Lösung zum Erfassen der Energiedaten zur Anwendung. Bei allen Aktivitäten gilt es, gewinnbringende Informationen aus den gesammelten Daten zu ziehen. Diese zeigen u.a. die Wechselwirkungen innerhalb von verketteten Teilprozessen mit gegenseitigen Abhängigkeiten auf. In der Digital Factory in Bad Pyrmont setzen Till Potente und sein Team die selbstentwickelte Data Collection Box zur Datenerfassung ein. Sie kann Daten von einer beliebigen Sensorik sowie unterschiedlichen Bussystemen in der Feldebene aufnehmen und weiteren Systemen zugänglich machen. Das Herzstück der Box bildet eine PLCnext-Steuerung, mit der sich einerseits Daten in Echtzeit erfassen und andererseits komplexe Rechenoperationen auf einem Gerät abarbeiten lassen. Für die Anbindung der Sensorik sorgt das Axioline-Bussystem, das eine individuelle Buskonfiguration erlaubt, die anschließend automatisch in Betrieb genommen wird. Das trägt wiederum zur Flexibilität in Bezug auf zukünftige Erweiterungen in der Datenaufnahme bei. Die Lösung funktioniert so gut, dass Phoenix Contact sie mittlerweile in verschiedenen Funktionsausprägungen zur Messdatenerfassung verkauft. Anwender erhalten so ein individuelles Plug&Play-System, das sich durch einen geringen Installationsaufwand auszeichnet und einfach in bestehende Anlagen integrierbar ist. Bei der nachfolgenden Inbetriebnahme müssen dann lediglich die relevanten Einstellungen vorgenommen werden, sofern diese nicht bereits durch verfügbare Vorkonfigurationen ausgeführt worden sind.

Neuzertifizierung nicht erforderlich

Im Pyrmonter Projekt erfolgt das Sammeln der Energiedaten minimalinvasiv im Bereich der Energieeinspeisung von Maschinen oder Handarbeitsplätzen. „Die Data Collection Box wird einfach zwischen die Einspeisung und die Applikation gesteckt“, erläutert Daniel Fiedler, Manager Test Engineering am Standort Bad Pyrmont. Aufgrund dieses Vorgehens muss keine neue Zertifizierung – z.B. im Hinblick auf die CE-Kennzeichnung – realisiert werden. Die nachrüstbare Datenerfassungslösung eröffnet die Chance, vor allem Maschinen älteren Baujahrs aus dem Blickwinkel der Energieeffizienz zu bewerten. In der Elektronikfertigung ist z.B. eine ältere Lötanlage mit der Box ausgestattet worden, um Energieströme entlang der Zeitachse zu ermitteln. Die gewonnenen Daten eignen sich ferner als Basis für Investitionsentscheidungen, etwa wann energieeffizientere Betriebsmittel erworben werden sollten. Außerdem bieten sich die Daten als Entscheidungshilfe für ein wirksames Lastmanagement an. Insbesondere in puncto Wärme werden die Aktivitäten am Standort Bad Pyrmont richtungsweisend für die gesamten Phoenix Contact-Gruppe sein. Auf dem Weg zu mehr Klimaschutz und CO2-Neutralität stellt das Verbrennen von Erdgas keine Option dar. Diese Aussage findet ihre Bestätigung darin, dass die gasbetriebenen Blockheizkraftwerke in Bad Pyrmont nach Auskunft von Frank Schröder, Leiter des Facility Managements am Standort, sukzessive vom Netz gehen werden. „Die Anlagen bekommen anschließend den Status einer Notfallreserve und unterstützen uns als Redundanz dabei, komplett auf eine eigene klimaneutrale Energieversorgung umzustellen“, so Schröder. Er denkt hier in erster Linie an Strom aus Photovoltaikanlagen und die Beteiligung an örtlichen Windparks.

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