PoE: Was die Gegenwart fordert und die Zukunft bringt

PoE: Was die Gegenwart
fordert und die Zukunft bringt

Bis zu 90W und 10Gbit/s auf der Ethernet-Verkabelung bringt neue Möglichkeiten für die Gebäudeautomation

Die WLAN-Nutzung hat 2013 den Break-Even-Point mit der LAN-Nutzung erreicht. Jedoch ist es ein Trugschluss anzunehmen, dass Verkabelungen allgemein durch Funk ersetzt werden. Da auch am Ende jeder WLAN-Verbindung irgendwo ein physikalischer Rechner stehen muss, setzen bereits die neuen, verbesserten Geschwindigkeiten für Wireless verbesserte Geschwindigkeiten für Wire voraus. Vor allem aber ergeben sich durch die verbesserte Leistung aus PoE+ oder PoE++ neue Einsatzmöglichkeiten: Smart Homes, das IoT oder die Industrie sind nur einige der Bereiche, die daraus einen erheblichen Nutzen ziehen können. Ein Ausblick.

 (Bild: ZVK GmbH)

(Bild: ZVK GmbH)

Auf die Verkabelung kommen spannende Entwicklungen zu. Treibende Kräfte sind neben dem Bandbreitenbedarf für das WLAN auch oder gerade die neuen Power-over-Ethernet-Leistungen: So waren 2001 noch 100Mbit/s bis 1Gbit/s üblich, zehn Jahre später waren es bereits 1 bis 10Gbit/s, 2017 liegt der Schnitt der Ethernet Geschwindigkeiten im LAN bei rund 2,5Gbit/s beziehungsweise 10Gbit/s bei Kupferleitungen. Möglich sind indes 10 bis 40Gbit/s. Aktuelle Verkabelungssysteme mit einer Bandbreite von 250MHz sind durchaus in der Lage, die Übertragung von 10Gbit/s auf bis zu 90m zu gewährleisten. De facto ist der Einsatz von PoE sogar längst nicht mehr auf das Ethernet beschränkt, weshalb die neue Norm IEEE802.3bt vorgibt, dass PoE in Zukunft schlichtweg allgemeiner als Remote Powering bezeichnet werden soll. Eine zutreffendere Namensgebung, wenn bedacht wird, wie groß und vielfältig die daraus entstehenden Einsatzmöglichkeiten sind – respektive sein können.

Neue Anforderungen

Leistungen des Remote Powering sollen in Kürze mit bis zu 90W über vier Paare laufen und parallel bis zu 10Gbit/s übertragen können. Damit werden auch die Anforderungen an die Sicherheit andere werden. Um beispielsweise Personenschäden zu verhindern, muss die Schutzkleinspannung eingehalten werden. Zu beachten ist ebenfalls, dass pro Datenkabel rund 100W verteilt werden können. Durch mehr Leistung werden sie wärmer. Nicht umsonst wird daher auch die DIN EN50174 überarbeitet. Sie bezieht sich auf künftige Verlegearten für PoE. Denn: Die Datenverteiler müssen auch als Elektroverteiler angesehen werden. Analog zur Elektroverkabelung müssen sie in Zukunft entsprechend verlegt werden, damit Kabel nicht überhitzen beziehungsweise ausreichend umlüftet werden. Neue Anforderungen entstehen ebenfalls unmittelbar auf die Connectivity. Auch Keystones, Datendosen oder andere Baugruppen müssen technisch in der Lage sein, die neuen Leistungen abzubilden, um den Datentransfer nicht zu be- oder gar verhindern. So sollte beispielsweise die Kontaktgeometrie eines Keystones in Verbindung mit einer 50er Goldauflage gemäß IEEE80.3at mindestens PoE+ sicherstellen und nach GHMT zertifiziert sein, um im Falle eines Absteckens im Kontaktbereich keine Abbrandstellen zu verursachen. Ebenso wichtig ist die Leitplattenstruktur. Sie sollte genügend dicke Leiterbahnzüge haben, damit die Stromtragfähigkeit für die neuen Energien gewährleistet ist. Schließlich gewinnen auch Mindestbiegungsradien oder die richtige Verdrillung von Paaren immer mehr an Bedeutung, da sie die Leistungsfähigkeit der Verkabelung deutlich beeinträchtigen können.

Neue Potenziale

So oder so: Die neuen Standards des Remote Powering inklusive der angepassten Verkabelung ermöglichen dann gänzlich neue Einsatzgebiete. Beispielsweise wird das klassische Licht durch PoE-fähige LED-Beleuchtung ersetzt, via LAN-Verkabelung angeschlossen, konfiguriert und mit Strom versorgt. Dazu sind lediglich Datenverteiler mit Remote Powering Komponenten notwendig, die ausschließlich für die Beleuchtung zuständig sind. Erste Gebäude zeigen bereits eindrucksvoll, wie die Beleuchtung über Remote Powering aussehen kann. Die Vorteile solcher lichtbasierenden Datenübertragungsarten sind, dass sie örtlich begrenzt sein können und keine schädliche Strahlung mehr emittiert wird. Einen Schritt weiter ergeben sich allgemein enorme Vorteile für die moderne Architektur. Smart Homes werden künftig eigene, kleine Rechenzentren in einem klimatisierten Raum beinhalten. Dank PoE sind alle Geräte nur mit einem Anschluss angebunden. Richtige Stecker vorausgesetzt, liefern solche Plug&Play-Lösungen dann die nötige Basis für intelligente Wohnkonzepte. In Kombination mit dem IoT wird die Kommunikation mit dem Gebäude unkompliziert. Mobile Geräte ermöglichen als Fernbedienung die Haussteuerungen von Rollläden, HiFi-Komponenten oder Türschlössern per Fingertipp. Schließlich ist das IoT auch in der Geschäftswelt der ideale Partner für PoE. So wird das Einrichten, Überwachen und Warten von Netzwerken deutlich erleichtert. Die zahlreichen Verbraucher sind nicht mehr – oder zumindest wesentlich weniger – auf Steckdosen angewiesen. Nicht nur kleinere Apparate, wie Überwachungskameras oder HMIs können freier respektive weniger aufwendig installiert werden. Durch die höhere Performance der Datenkabel gilt dies selbstverständlich auch für größere Geräte, von Druckern für Großraumbüros über TVs in Konferenzräumen bis hin zu POS-Anwendungen. Der nächste Schritt in die Industrie ist dann nicht mehr weit.

Autor | Matthias Jungbeck,
Product Line Manager and Engineering
ZVK GmbH

ZVK GmbH
www.zvk-gmbh.de

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