Internet, MP3 und HDTV im ganzen Haus mit Powerline
Ethernet, Fernsehkabel, Funkübertragung, Telefonleitung, Stromleitung – die Auswahl an verfügbaren Technologien für die Vernetzung von Gebäuden ist riesig. Dabei gibt es allerdings enorme Unterschiede hinsichtlich Leistungsstärke, Abdeckung, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit. Der Aufbau einer Netzwerkinfrastruktur ist immer eine Herausforderung – egal, ob es sich um ein Wohnhaus mit einer oder mehreren Parteien, um ein öffentliches Gebäude oder ein Bürogebäude handelt. Eine kostengünstige und zukunftssichere Lösung stellt die Datenübertragung über die vorhandenen Stromleitungen oder Koaxialkabel (teils auch in Kombination) mit Hilfe sogenannter Powerline-Technologien dar. So entsteht aus den vorhandenen Leitungen ein Highspeed-Kommunikationsnetzwerk, das alle Räume erreicht und darüber hinaus schnell und sicher ist.
Heute werden immer mehr Kommunikations- und Unterhaltungsdienste über das Internet bereitgestellt. Viele Haushalte in Deutschland nutzen ihren DSL-Anschluss zum Telefonieren über das Internet und Video on Demand oder IPTV. Diese bieten eine qualitativ hochwertige, funktionale und personalisierte Unterhaltung, die an jedem Ort des Hauses verfügbar ist – vorausgesetzt die Übertragungswege sind vorhanden. Mit Hilfe seines Heimnetzwerkes kann der Nutzer so zum Beispiel HDTV-Content über das Internet zu seinem Fernseher leiten, auf seinem digitalen Videorekorder aufgenommene Sendungen auf jedem Bildschirm im Haus sehen oder seine zentral gespeicherten MP3 Dateien auf verschieden PCs anhören. Diese vielfältigen Anwendungen treiben aber auch die Anforderungen an die von den Übertragungstechnologien bereitgestellte Bandbreite in die Höhe. Das Streaming von High Definition-TV erfordert zum Beispiel eine Datenrate von mindestens 20Mbit/s. Wenn der Benutzer parallel zu HDTV noch weitere Anwendungen nutzen möchte, muss die Technologie Netto-Bandbreiten von ca. 35 bis 55Mbit/s zuverlässig unterstützen (siehe Tabelle auf Seite 64). Solche Bandbreitenanforderungen bewältigen aber fortschrittliche Powerline-Technologien mit Brutto-Geschwindigkeiten von bis zu 200Mbit/s.
Neue Powerline-Standards
Mit Hilfe solcher schnellen Powerline-Datenübertragung können Benutzer auf alle vernetzen Geräte wie z.B. Router, Computer, Mediaserver oder Spielekonsole zugreifen. Jedes Gerät, das über einen Netzwerkanschluss verfügt, kann an jedem Ort im Haus an das Powerline-Netzwerk angeschlossen werden. Derzeit gibt es zwar noch keinen allgemein gültigen Standard etwa von Seiten der IEEE oder der ITU, doch internationale Organisationen wie die ‚Universal Powerline Association'(UPA) setzen sich für globale Standards ein und formulieren Kompatibilitätsanforderungen. Wer bei der Anschaffung von Powerline-Technologie auf das Label ‚UPA Plug Tested‘ achtet, dessen Geräte werden auch zusammen funktionieren, da sie die Kompatibilitätsanforderungen des ‚Digital Home Standard‘ (DHS) erfüllen. Unternehmen wie British Telecom (BT), Telefónica und Portugal Telecom bieten zum Beispiel auf dieser Basis bereits Plug&Play IPTV-Dienste an, die Benutzer mit Hilfe von Powerline-Lösungen selbst ganz einfach installieren können. Hierdurch wird die bereits geringere Installationsdauer von Powerline-Technologie verglichen mit anderen Heimnetzwerktechnologien (durchschnittlich 3h, im Vergleich zu etwa 7h für Kabelnetze oder drahtlose Netzwerke) auf praktisch null reduziert. Die Powerline-Datenübertragung auf Basis der UPA-Standards ist aber nicht nur für kommerzielle IPTV-Services, sondern auch für die Vernetzung von öffentlichen Gebäuden (Hotels usw.) sowie von Wohnhäusern optimal geeignet. So kommt diese aufgrund eines speziellen Modulationsverfahrens (Orthogonal Frequency Devision Multiplexing – OFDM) mit frequenzselektiven Kanälen und Zeitverzögerungen zurecht, ist gegen störende Signale im Stromnetz und Störsender unempfindlich und erreicht überdurchschnittliche Durchsatzraten durch die Nutzung von Konstellationen mit hohen Punktdichten.
Abdeckung: Vom Zugangspunkt ins ganze Haus
Neben der reinen Datenrate ist die Abdeckung ein wichtiger Faktor. Bei der Bereitstellung von IPTV-Diensten ist beispielsweise die Tatsache, dass die Telefonbuchse selten in der Nähe des Fernsehers liegt, ein großes Hindernis. In diesen Fällen müssen Hausbesitzer und Serviceanbieter eine Lösung finden, wie sie die häufig weit über 10m große Distanz zwischen der Set-top-Box (Digitalempfänger) und dem Internet-Zugangspunkt (Residential Gateway) überbrücken. Powerline-Technologien ermöglichen die direkte Integration mit dem vorhandenen Breitbandanschluss, um eine Verbindung mit den Strom- oder Fernsehkabelleitungen im Gebäude herzustellen. So wird jeder Ausgang des Strom- oder Koax-Netzes im Gebäude (Steckdosen, TV-Buchsen) zu einem Tor ins Hochgeschwindigkeits-Internet mit IP-Telefonie, IPTV und anderen Netzwerkdiensten. Es muss aber sichergestellt werden, dass trotz Verfügbarkeit im ganzen Gebäude auch die erforderliche Bandbreite für einen hohen Prozentsatz der möglichen Verbindungen gewährleistet ist. Wichtig hierbei ist die automatische Zwischenverstärkung des Signals für eine verbesserte Leistung. Auch dafür gibt es Spezifikationen der UPA. Jeder UPA-zertifizierte Powerline-Adapter erkennt automatisch, ob durch eine Verstärkung des Signals der Netzwerk-Gesamtdurchsatz optimiert werden kann. Wenn beispielsweise der direkte Weg zwischen zwei Adaptern einen Datendurchsatz von 30Mbit/s unterstützen würde, während aber der Rückgriff auf einen dritten Adapter als Verstärker (Repeater) die Leistung auf 60Mbit/s erhöhen könnte, dann wird das Netzwerk automatisch so konfiguriert, dass die Route mit dem stärksten Signal verwendet wird. Auf diese Weise werden sowohl Leistung als auch Abdeckung gesteigert. Nicht alle Powerline-Technologien bieten diese Funktion. Ist sie aber vorhanden, können die Netzwerke vergrößert werden, da jedes Gerät als Repeater für den Aufbau der Kommunikationsverbindung zwischen entfernten Knoten agieren kann. Hauptvorteil: Die Skalierbarkeit ist sichergestellt, falls später neue Services unterstützt oder weitere Nutzer im Netzwerk eingebunden werden sollen.
Vorteile gegenüber Drahtlosnetzwerken
In der Abdeckung liegt auch ein großer Vorteil von Powerline-Technologien gegenüber drahtlosen Netzwerken. Denn diese ist noch immer neben der Stabilität und Sicherheit ein Hemmschuh für die Funkverbindungen in Gebäuden. Drahtlose Netzwerke haben zwar entscheidende Vorteile, wenn Anwendungen mobil einsetzbar sein sollen, beim Streaming und hochauflösenden Videos haben scharfe, flimmerfreie Bilder jedoch Priorität und hier ist die Übertragung über das Stromnetz klar vorzuziehen. Das Powerline-Heimnetzwerk wird nicht durch Kanalüberlastung beeinträchtigt, die bei drahtlosen Netzwerken mitunter auftreten kann, da die Kanäle mit anderen elektronischen Geräten, z.B. Mikrowellen, gemeinsam genutzt werden. Auch die Bauweise eines Hauses kann das drahtlose Signal stören. So haben viele Häuser armierte Betonmauern, die die Punkt-zu-Punkt-Übertragung von drahtlosen Signalen verhindern. So entstehen überall im Haus ‚tote Punkte‘, an denen nicht auf das drahtlose Netzwerk zugegriffen werden kann und schon gar keine Videos mit großer Bandbreite übertragen werden können. Ein weiterer Lösungsansatz besteht in der Kombination von Powerline-Technologien mit WiFi-Zugangspunkten. Powerline übernimmt in diesem Fall die Funktion eines Backbones für Wi-Fi-Installationen in großen Gebäuden wie Hotels, Schulen usw., in denen sonst die Abdeckung nur über W-LAN problematisch wäre.
Ruckelfrei und Sicher
Ein weiterer kritischer Punkt bei der Nutzung von Triple-Play Services (Sprache, Daten und Video über ein Netzwerk) ist die Sicherstellung der Dienstgüte (Quality of Service). Ist diese nicht ausreichend gewährleistet, ruckelt das Fernsehbild und Telefonieren wird zum Ratespiel. In modernen Powerline-Systemen garantiert ein neuartiger AV- (Audio/Video) MAC, dass das Netzwerk verschiedene Anwendungen, z.B. Internetzugang, VoIP oder Video Streaming, unterstützen kann, obwohl alle unterschiedliche Anforderungen an Bandbreite und Latenz haben. Dieses durch einen Master gesteuerte Netzwerk setzt zur Übertragung des Zeitmultiplexverfahren (TDMA) ohne Trägerprüfung auch Mehrfachzugriff (CSMA) ein, damit keine Interferenzen entstehen. UPA-basierte Systeme verwenden zur Bandbreitenzuordnung Algorithmen, bei denen die Priorität der zu übermittelnden Daten berücksichtigt wird. Sämtliche UPA-zertifizierte Powerline-Geräte können zudem mit einem Netzwerkdetektor ausgestattet werden, der sicherstellt, dass die Verbindung mit dem gewünschten Netzwerk und nicht z.B. mit dem Netzwerk des Nachbarn hergestellt wird. Neben dieser Methode zur Netzwerkisolierung zeichnen sich DS2-Chipsets durch den Einsatz einer AES-Verschlüsselung mit 128 oder 256Bit aus und bieten so ein Höchstmaß an Sicherheit.
Problembehebung aus der Ferne
Nur Powerline-Lösungen mit einem integrierten IP-Stack ermöglichen auch erweiterte Funktionen zur Problembehebung durch die Nutzer selbst. Durch das LLTD-Protokoll (Link Layer Topology Discovery) von Microsoft erkennt Windows Vista automatisch die Netzwerkgeräte und zeigt sie in der Netzwerkübersicht an. Mit nur einem Mausklick hat der Anwender dann Zugriff auf die Web-Benutzeroberfläche des Geräts. Da Windows Vista die aktuelle physische Topologie des Netzwerks ermitteln und anzeigen kann, können die Benutzer Verbindungsprobleme selbst erkennen und beheben. Lange Gespräche mit dem Telefonsupport und die Abhängigkeit des Kunden von fremden Experten lassen sich so in den meisten Fällen vermeiden. Um die Bereitstellung komplexerer Anwendungen etwa in einem größeren Mietshaus zu erleichtern, sind Powerline-Technologien mit guten Remote-Management-Funktionen erforderlich. Ohne die zusätzlichen Kosten für einen externen Prozessor können z.B. neue Verwaltungsprotokolle implementiert oder aktuelle Unterstützung bei technischen Problemen angeboten werden, ohne dass ein Techniker extra zum Kunden fahren muss. Die meisten Powerline-Technologien auf dem Markt unterstützen im Gegensatz zu UPA-zertifizierten Geräten kein erweitertes Remote-Management.
Kompatibilität garantiert Zukunftssicherheit
Powerline ist heute als Technologie gut für die Multimedia-Heimvernetzung gerüstet und bietet deutliche Vorteile gegenüber anderen Technologien wie W-LAN. Die nächste Generation von Multimedia-Anwendungen, wie etwa Multiroom-IPTV und -HDTV oder das Abspielen mehrerer Videostreams, erfordert jedoch Bandbreiten, die mindestens fünf Videosignale gleichzeitig unterstützen. Die dritte Generation von Powerline-Technologie erreicht bereits Geschwindigkeiten von 400Mbit/s und kann dies leisten. Ein wichtiger Punkt für die Verbreitung der Powerline-Technologie wird dann auch die Rückwärtskompatibilität mit vorhandenen 200Mbit/s-Produkten sein. Die Interoperabilität verschiedener Generationen von Powerline-Produkten ist absolut notwendig, um für die derzeitigen Kunden einen problemlosen Übergang zu gewährleisten und die Kosten gering zu halten. Deshalb sollte schon heute bei der Implementierung auf diesen Aspekt geachtet werden.