Smarte Planung und durchgängige Automation

 Das Pollmann-Werk in Vitis wurde aufgrund des hocheffizienten Energiesystems sowie der smarten und effizienten 
Produktionsweise - automatisiert mit PC-based Control - vom Fraunhofer Austria zur besten Fabrik Österreichs gewählt.
Das Pollmann-Werk in Vitis wurde aufgrund des hocheffizienten Energiesystems sowie der smarten und effizienten Produktionsweise – automatisiert mit PC-based Control – vom Fraunhofer Austria zur besten Fabrik Österreichs gewählt.Bild: Pollmann

1888 von Franz Pollmann als Handwerksbetrieb zur Herstellung feinmechanischer Geräte und Uhren im österreichischen Karlstein gegründet, haben auch mehr als 130 Jahre später die Entwicklung und Fertigung innovativer Produkte bei Pollmann Tradition. Die Kernkompetenz liegt in Mechatronik-Bauteilen für die Automobilindustrie. Bei Schiebedach-Kinematiken und elektromechanischen Türschlossgehäusen gilt Pollmann als einer der Marktführer. „Deshalb gibt es weltweit auch fast keine Automarke mehr, die keine Baugruppe von uns in ihrem Fahrzeug verbaut“, freut sich Ing. Robert Pollmann, in vierter Generation geschäftsführender Gesellschafter der Pollmann International GmbH. Aufgrund der steigenden Nachfrage wurde 2018/2019 mit den Planungen und dem Bau eines neuen Werks in Vitis begonnen. „Mit Pollmann 2.0 gehen wir in Richtung Industrie 4.0. Deshalb forderten wir von den ausführenden Firmen ein Setup, das dem neuesten Stand der Technik entspricht. Eine maximal effiziente innere Logistik und eine modulartige Erweiterbarkeit des Gebäudes waren dabei Grundbedingung“, beschreibt Pollmann die Anforderungen an die Projektpartner Peneder, Stiwa und Beckhoff.

Intelligente Vernetzung

Im Maschinenbau ist es mittlerweile üblich, mithilfe von 3D-Modellen zu planen und zu simulieren. In der Architektur inklusive Gebäudeautomation hingegen sind es bisher wenige Vorreiter, die den Einsatz digitaler Zwillinge bei Planung und Ausführung der zu errichtenden Objekte konsequent vorantreiben. Hierzu zählen die Peneder Bau-Elemente GmbH und die Stiwa Group. „Als Maschinenbauer und Softwareunternehmen sind wir es gewohnt, das Produktionsumfeld zu optimieren“, betont Thomas Führer, Leiter des Geschäftsbereichs Gebäudeautomation bei der Stiwa AMS GmbH. Daher weiß er, dass die Umgebungsbedingungen die Gesamtanlageneffektivität einer Maschine stark beeinflussen: Wie viel Platz steht rund um die Maschine zur Verfügung? Welche Bedingungen herrschen in einer Produktionshalle? Wie ist es um den internen Materialfluss und die Laufwege der Mitarbeiter bestellt? „All diese Dinge gilt es bei der Planung eines Smart Industrial Building ebenso zu beachten wie die Energieflüsse“, zeigt Führer Hebel zur Effizienzsteigerung auf.

 Bei der produktionsbasierten Planung wird das Gebäude als Maschine verstanden: Fertigungsprozesse mit Energie- und Materialflüssen sowie 
produktivitätsrelevante Umgebungsbedingungen wurden planerisch berücksichtigt.
Bei der produktionsbasierten Planung wird das Gebäude als Maschine verstanden: Fertigungsprozesse mit Energie- und Materialflüssen sowie produktivitätsrelevante Umgebungsbedingungen wurden planerisch berücksichtigt.Bild: ©Kurt Hoerbst

Umfangreiche Grundanforderungen

Da Pollmann nur dann expandiert, wenn ein konkreter Kundenauftrag vorliegt, stand von Anfang an eine besonders sportliche Vorgabe im Raum: Spätestens zehn Monate nach dem ersten Spatenstich musste das Werk II in Vitis in den Vollbetrieb gehen. „Die kleinen Bauteile, in denen viel Technologie und Entwicklungsarbeit steckt, werden nach wie vor im Headquarter in Karlstein hergestellt, aber für die größeren Bauteile in hoher Stückzahl wie z.B. Gehäuse und Deckel für Türschließsysteme benötigten wir zusätzliche Fertigungskapazitäten“, verrät Standortleiter Manfred Jäger. Grundanforderungen waren eine weitgehend automatisierte Produktion mit möglichst wenig Logistikaufwand, ein nachhaltiger Umgang mit Energie und allen anderen Ressourcen, strukturierte Personen- und Warenströme sowie eine flexible Erweiterbarkeit des Produktionsstandorts. Die erste Ausbaustufe in Vitis umfasst auf 9.400m² die Produktion, ein Hochregallager mit derzeit 5.500 Palletten-Stellplätzen sowie Büros, Technik- und Sozialräume. Der gemeinsam erarbeitete Masterplan ist so ausgelegt, dass sich das Werk schnell auf bis zu fünf Hallen ausbauen lässt. Dazu wurden Versorgungsleitungen sowie Personen- und Warenströme in einer zentralen Logistikachse zusammengeführt. Um die nächste Ausbaustufe einzuleiten, reicht es aus, diese Magistrale entsprechend zu verlängern „Wir selbst hätten weder an eine Nord-Süd-Ausrichtung des Gebäudes gedacht, noch wären wir auf die Idee gekommen, für einen mittig platzierten Infrastrukturkanal zu sorgen, von dem links und rechts die Achsen zu den einzelnen Verbrauchern wegführen,“ zeigt sich Pollmann von seinem Generalunternehmer überzeugt.

Gebäude als Maschine betrachtet

Bei einer produktionsbasierten Planung stehen die Fertigungsprozesse mit ihren Energie- und Materialflüssen sowie alle produktivitätsrelevanten Umgebungsbedingungen im Fokus. „Das Gebäude wird als Maschine verstanden“, skizziert Thomas Führer die Herangehensweise von Peneder und Stiwa mit maschinenbautypischen Methoden und Software-Werkzeugen: Neben dem 3D-Modell des Gebäudes wurde auch ein digitaler Zwilling als Building Information Model (BIM) entworfen, mit dem sich Proportionen, Materialien, Licht, Formen und Farben genauso wie die geplanten Produktions- und Betriebsabläufe auf ihre Stimmigkeit hin testen ließen. BIM ist eine virtuelle Planungsmethode, bei der die jeweiligen Teilmodelle der unterschiedlichen Disziplinen in einem zentralen 3D-Modell zusammengeführt werden. Peneder, Spezialist für Industrie- und Gewerbebau, nutzt BIM durchgängig von der Planung bis zum Betrieb. „Virtuell mittels BIM geplant, ist bei der Ausführung und beim späteren Betrieb eines Gebäudes viel gewonnen,“ bestätigt Christian Pillwein, Branchenmanager Building Automation bei Beckhoff Österreich.

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