Lüften rechnet sich
Wohnungslüftungssysteme eignen sich sowohl für Neubauten als auch für energetisch sanierte Altbauten. Denn Gebäudehüllen werden immer dichter. Und dies schränkt leider den natürlichen Luftaustausch ein.
Der Dreiklang moderner, energiesparender Gebäudetechnik: Wärmedämmung, zeitgemäße Heiztechnik und kontrollierte Wohnungslüftungsanlage (KWL) mit Wärmerückgewinnung (WRG). Das Duo Dämmung und Heiztechnik hat also Zuwachs bekommen. Und das hat einen guten Grund, denn Gebäudehüllen werden immer dichter – sei es im Neubau oder wegen einer energetischen Altbausanierung. Für den Klimaschutz sind solche energieeffizienten Gebäude ein großer Gewinn. Weniger von Vorteil ist eine dichte Bauweise für das Klima im Gebäude, weil der natürliche Luftaustausch dadurch zwangsläufig eingeschränkt wird. Dabei ist dieser aus hygienischen Gründen notwendig, um beispielsweise Schimmelpilz und Feuchteschäden zu vermeiden. Außerdem gehen mit einem eingeschränkten Luftaustausch eine hohe CO2-Konzentration und damit stickige Raumluft einher. Eine weit verbreitete Meinung ist, dass kontrollierte Wohnungslüftung nur in modernen, energieeffizienten und wärmegedämmten Neubauten notwendig und sinnvoll ist. Die Gründe für diese Einschätzung: Zum einen seien nur die neuen Gebäude luftdicht und zum anderen sei die Installation der Lüftungsanlage nur in der Rohbauphase des Gebäudes einfach und kostengünstig. Diese Einschätzung stimmt jedoch nur zum Teil. Auch wer nach EnEV 2009 baut, beziehungsweise Altbauten schon mit einfachen Maßnahmen energetisch saniert, darf die Lüftung nicht außer Acht lassen. Denn selbst beim Einbau neuer, dichterer Fenster und Türen verringert sich der natürliche Luftaustausch des Gebäudes. Der Frischluftvolumenstrom von außen durch die Gebäudehülle reicht dann nicht mehr aus, um Feuchteschäden, Schimmelpilz und schlechte Raumluftqualität zu verhindern. Ein Lüftungskonzept hat also auch in der Altbausanierung seine Berechtigung. Der Markt für Wohnungslüftung in Deutschland bietet hierfür moderne Technologien, die den nachträglichen Einbau dezentraler oder zentraler Wohnungslüftungsgeräte in bestehende Grundrisse durchaus kostengünstig erlauben, beispielsweise durch flache Lüftungskanäle unter dem Estrich oder der abgehängten Decke. Durch einfaches Fensterlüften verbrauchte Wohnraumluft gegen frische Luft zu tauschen, bringt in energieeffizienten Gebäuden hohe Energieverluste mit sich. Eine mechanische Wohnungslüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung verschafft Abhilfe: Im Vergleich zur manuellen Fensterlüftung gewinnt die Anlage Abluftwärme zurück. Das bedeutet erhebliche energetische Vorteile und mehr Wohnkomfort durch permanenten Luftaustausch – mit frischer, sauberer und gefilterter Frischluft. Im Bedarfsfall kann der Außenluftfilter gegen einen effizienten Pollenfilter getauscht werden. So können auch betroffene Allergiker aufatmen. Vor allem aber vermeidet kontrollierter Luftwechsel Bauschäden durch Schimmelpilz und feuchte Wände. Und all dies steigert den Wert und die Attraktivität der gesamten Immobilie. Wenn also Raumklima und Energiebilanz des neuen oder sanierten Gebäudes stimmen sollen, bietet sich eine ventilatorgestützte Lüftung mit Wärmerückgewinnung als zentrale oder dezentrale Ausführung an.
Anforderungen an Lüftungssysteme
Außer den objektspezifischen Kriterien gibt es wesentliche technische, aber auch nutzerspezifische Anforderungen an das Lüftungssystem, die es bei der Wahl der entsprechenden Systemvariante zu berücksichtigen gilt. Der folgende Systemvergleich erläutert im Hinblick auf diese Kriterien und Anforderungen Vorzüge, aber auch mögliche Nachteile zentraler und dezentraler Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. In Bezug auf die objektspezifischen Kriterien, beispielsweise die Gebäudetypologie, ist festzuhalten: Sowohl zentrale als auch dezentrale Wohnungslüftungsgeräte lassen sich im Neubau gut integrieren. Bei bestehenden Gebäuden sind die dezentralen Geräte aufgrund der raumweisen Positionierung in der Außenwand ohne Luftverteilsystem im Innenraum von Vorteil. Innovative Techniken vereinfachen aber auch die Einbringung der zentralen Geräte deutlich: Plant der Hausbesitzer bei der Kernsanierung einen neuen Estrich und/oder eine Fußbodenheizung, bietet es sich an, flache Lüftungskanäle im Fußbodenaufbau zu verlegen. Bei einer Teilsanierung kann der Fachmann die Kanäle auch unter der abgehängten Decke verlegen. Weiterhin von Bedeutung: schmale und kompakte KWL-Geräte. Der Grad der Sanierung, Teil- oder Kernsanierung, ist insbesondere bei Mehrfamilienhäusern bzw. im Wohnungsbau für die Wahl der passenden Lösung mitentscheidend. Was die Gegenüberstellung von zentralen und dezentralen KWL-Geräten betrifft, steht für den Endverbraucher, außer der energetischen Betrachtung der beiden Systemvarianten, der Komfortgedanke, aber vor allem auch der Planungs- und Installationsaufwand und damit die Kostensituation im Vordergrund. Für einen energetischen Vergleich beider Lüftungssysteme wurden drei Varianten eines Beispielhauses mit einer beheizten Wohnfläche von 150m², einem Jahresheizwärmebedarf von 50kWh/m²a und einer Standard-Anlagentechnik definiert und mit einer aktuellen Energieberatungssoftware berechnet. Die installierte Anlagentechnik mit einem Gas-Brennwertkessel und einem Warmwasserspeicher befindet sich innerhalb der thermischen Gebäudehülle. Zur Wärmeübertragung wurden Heizkörper mit Systemtemperaturen von 55/45°C kalkuliert (Variante 1). Variante 2 und 3 beinhalten außer der beschriebenen Anlagentechnik zusätzlich eine zentrale bzw. dezentrale Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung von Buderus, eine Marke von Bosch Thermotechnik. Als Zentralgerät dienen das Logavent HRV und als dezentrale KWL mehrere Thermolüfter. Das Beispielhaus ist vergleichbar mit einem Neubau nach EnEV aber auch mit einer energetischen Altbausanierung auf Neubauniveau. Durch den Einsatz einer Wohnungslüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung reduziert sich der Energieverbrauch bei Primär- und Endenergie sowie der Ausstoß von klimaschädlichem CO2 deutlich.
Niedrigere Verbrauchskosten
Der reine Stromverbrauch nimmt durch die zusätzliche Leistungsaufnahme der Lüftungsventilatoren zu. Im Gesamtresultat dieses Vergleichs liegen die Energieverbrauchskosten durch den Einsatz einer zentralen KWL mit WRG um ungefähr 22% niedriger. Auch die dezentralen Thermolüfter erreichen eine deutliche Einsparung von ungefähr 18% gegenüber Variante 1 ohne KWL-System. Weiterhin zeigt der Vergleich, dass jede dieser Systemvarianten mit Wohnungslüftung das Niveau eines KfW-Effizienzhauses 70 erreicht. Bei Gebäuden, die noch dichter und energieeffizienter gebaut oder saniert werden und somit einen noch geringeren Jahresheizwärmebedarf aufweisen, wie der KfW-Effizienzhaus-55- oder ‚Passivhaus‘-Standard, sind Primärenergieeinsparungen durch die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung von mehr als 30 bzw. 50% möglich. Ein wesentlicher Vorteil bei Komfort und Wohnqualität ergibt sich durch eine zentrale Frischluftansaugung. Damit lässt sich im Winter die Frischluft durch das Erdreich mithilfe eines Luft-Erdwärmetauschers vorwärmen beziehungsweise im Sommer ’natürlich kühlen‘. Heizregister übernehmen die Vor- und Nacherwärmung der Außenluft. Sowohl zentrale als auch dezentrale Systeme ermöglichen eine Feinfilterung der Außenluft. Bei Wohnungslüftungsanlagen nicht zu vernachlässigen ist ein ausreichender Schallschutz. Schließlich müssen außer den Funktionsräumen auch wesentlich sensiblere Wohn- und Schlafräume be- und entlüftet werden. Dank geeigneter Kanalführung, dem Einsatz von Schalldämpfern und der gezielten Positionierung der Ventile arbeiten zentrale KWL-Anlagen sehr komfortabel. Weil die dezentralen Geräte mit ihren Ventilatoren direkt im Raum angebracht sind, ist bei der Auswahl auf möglichst geringe Schallemissionen der Geräte zu achten. Die wesentlichen Vorteile der dezentralen KWL: Der Aufwand bei Planung, Installation und Wartung ist gering, weil ein Lüftungskanalsystem nicht erforderlich ist. Bei der Auslegung erstellt der Experte eine Volumenstromberechnung und platziert die Thermolüfter an der idealen Position im Raum. Im Rahmen der Inbetriebnahme werden die einzelnen Thermolüfter mit der Zentralsteuerung verkabelt. Darüber hinaus sind Wartung und Reinigung dieser Geräte sehr einfach. Im Normalfall kann der Nutzer die Einzelgeräte kontrollieren und selbst reinigen. Aufgrund des Lüftungskanalsystems bei zentralen KWL-Anlagen empfehlen Fachleute grundsätzlich eine individuelle und detaillierte Auslegungsplanung (Druckverlustberechung, Schallberechnung und Auslegung der Lüftungskanäle). Eine Systemvariante zum ‚Gewinner‘ dieser Gegenüberstellung zu küren, ist nicht angebracht. Zentrale und dezentrale Systeme weisen in Bezug auf Gebäudetypologie und Kundenanforderungen Vor- und Nachteile auf. Entscheidend ist, dass man auf jeden Fall jedes Gebäude individuell betrachtet.