Gute Lichtplanung trotz EnEV 2007 / DIN V 18599?

Für Lichtplanungen von Nichtwohngebäuden sind ab 01.10.2007 in Deutschland Grenzwerte für den Energieverbrauch durch die Beleuchtung einzuhalten. Geregelt wird dieser Sachverhalt in der aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV 2007). Das zu verwendende Verfahren wird in der DIN V 18599 beschrieben.

In der praktischen Anwendung führt das zu der Situation, wie sie in den Bildern dargestellt sind. Plant man zeitgemäß, wie es die Aufgabe erfordert, entsteht hier ein spannender Shop, in dem man gerne einkaufen würde. Hält man sich hingegen an die geltende Energieeinsparverordnung, wandelt sich die Atmosphäre zu einer düsteren Szenerie, die mit niederwertiger Ware in Zusammenhang gebracht wird. Von einer Straße durch das Schaufenster in das Ladeninnere geblickt, wird man wohl nicht einmal feststellen können, ob der Laden überhaupt geöffnet hat.

Das Projekt

Das Projekt beschreibt eine Beleuchtungssituation, die stellvertretend für eine typische Shopbeleuchtung steht. Auf einer Grundfläche von ca. 100m² befinden sich an zwei Wänden und in der Raummitte Warenträger mit Textilien. Ziel der Planung ist es, die Aufmerksamkeit der Kunden auf die Waren zu ziehen und diese attraktiv darzustellen. Hierzu werden die Waren so beflutet, dass sie sich deutlich vom Rest des Raumes abheben. Wie die Falschfarben-Darstellung zeigt, liegen die Helligkeitsschwerpunkte in diesen Bereichen. Die farbigen Bereiche außer violett und schwarz weisen Beleuchtungsstärken zwischen 800 und 3.000lux auf. Es kommen im Wechsel Halogenmetalldampf- und Niedervolt-Halogen Lampen zum Einsatz, um eine optimale Farbwiedergabe zu erzielen. Unterstützt wird die Signalwirkung der Warenträger durch eine Hinterleuchtung der Wandscheiben, an denen sich die Warenträger befinden. Planerische Beachtung finden außerdem natürlich die Umkleidekabinen, gute Farbwiedergabe und ausreichende Helligkeit sind auch hier von Nöten. Nach dem Kauf oder im Falle von fehlender Kaufunterstützung soll der Kunde auch die Kassentheke finden. Durch das szenisch wirkende Streiflicht an der Rückwand lenkt man die Aufmerksamkeit auch auf diesen Bereich, differenziert jedoch in der Erscheinung von den Warenträgern. Für die materialgerechte Beleuchtung der hölzernen Thekenoberfläche kommt auch eine Niedervolt-Halogenglühlampe zum Einsatz.

Die Energiebewertung

Die Energiebewertung nach der EnEV 2007 und der DIN V 18599 funktioniert vereinfacht ausgedrückt nach folgendem Verfahren: Zu allen möglichen Nutzungsarten, also z.B. einem Einzelhandelsgeschäft, wurden Nutzungsprofile definiert, die unter vielen anderen die Einschaltzeiten der Beleuchtung über das Jahr betrachtet festlegen. Der durch die eingesetzten Leuchten installierte Energieverbrauch pro Jahr kann so ermittelt werden. Bei der hier beschriebenen Lichtplanung ergibt sich ein Energiebedarf von 18.482kWh pro Jahr. Ebenso gibt das geltende Regelwerk ein Verfahren vor, wie ein Grenzwert zu ermitteln ist, den eine Lichtplanung nicht überschreiten darf. Vereinfacht kann man es so darstellen: Man legt den zu planenden individuellen Raum zu Grunde und ermittelt die Energie, die eine Direktbeleuchtung mit stabförmigen Leuchtstofflampen und verlustarmem Vorschaltgerät benötigte, um den in den geltenden Vorschriften vorgeschriebenen Mindestwert der mittleren horizontalen Beleuchtungsstärke zu erreichen. Diese Energie darf durch die tatsächliche Planung nicht überschritten werden. Fataler Weise werden durch dieses Verfahren aus den einzuhaltenden Mindestwerten (Wartungswerte) der Lichtnormen (z.B.: EN 12464) im Handstreich Maximalwerte. Der zulässige Grenzwert für den Shop ergibt sich hierbei zu 2.588kWh pro Jahr. Die beschriebene sinnvolle Planung des Shops liegt also um ein vielfaches über dem zulässigen Grenzwert. Auch ein Verzicht auf alle Niedervolt-Halogenglühlampen und ein Ersatz durch Strahler mit
Halogenmetalldampflampen modernster Technologie ändert nichts am Prinzip. Eine Möglichkeit, die Anforderungen einzuhalten, ist in den Bildern ebenfalls dargestellt. Der mit Direktbeleuchtung ausgestattete Shop erfüllt die gesetzliche Anforderung mustergültig. Die geforderte Mindestbeleuchtungsstärke von 300lux wird sogar leicht überschritten. Das Licht, und davon viel zu wenig, fällt jedoch auf den Boden, anstatt die Waren anzustrahlen, wie die Falschfarbendarstellung eindrucksvoll belegt. Das in diesem Artikel vereinfacht beschriebene Verfahren der DIN V 18599 ist sehr komplex. Eine Vielzahl von Parametern ist zu berücksichtigen. Rationell kann man nur mit Hilfe einer geeigneten Software den Energiebedarf ermitteln. Die hier angestellten Berechnungen wurden mit DIALux 4.4 durchgeführt, der ersten Fachplanungssoftware für Licht, die diese Analysen erlaubt zu tätigen. Der Energiebedarf und die Ermittlung des Grenzwertes ergeben sich in dieser Version von DIALux beinahe als Abfallprodukt bei einer Lichtplanung.

Resümee

Kein guter Lichtplaner wird einen Shop planen, der den Anforderungen der EnEV 2007 genügt. Kein Betreiber eines Shops der wertige Ware anbieten will, wird so eine Lichtplanung akzeptieren. Kein Kunde wird gerne in einen so beleuchteten Laden gehen. Das Regelwerk EnEV 2007 und DIN V 18599 hat einen Konstruktionsfehler. Es geht uns allen um den effizienten Einsatz von Energie. An diesem Ziel ist nichts auszusetzen. Effizienz bedeutet jedoch in diesem Zusammenhang, ein definiertes Ziel mit möglichst geringem Ressourcenverbrauch zu erreichen. In diesem Beispiel sind die Ziele:

– Die Ware in Szene setzen, damit sie wertig präsentiert wird
– Den Kunden von draußen in den Laden locken
– Die Aufmerksamkeit auf Ware und andere wichtige Orte im Raum lenken
– Bestmögliche Bedingungen für den Kunden in der Umkleidekabine schaffen
– So viel Licht schaffen, damit die Mitarbeiter im Laden Ihre Sehaufgabe erfüllen können.

Nur der letzte Punkt wurde bei der Zieldefinition des Gesetzgebers und der Normenausschüsse berücksichtigt. Nur dieses Ziel wird mit einer den Anforderungen entsprechenden Beleuchtung effizient erreicht. Alle anderen Ziele werden komplett verfehlt.

Verallgemeinerung

Den Fall des Shops kann man auf die gesamte Lichtplanung übertragen. Anforderungen an Licht, die oben nicht genannt wurden, sind unter unzähligen anderen:

– Helleindruck in einem Raum erzeugen
– Das Wohlbefinden in einem Raum
steigern
– Die Gesundheit des Menschen fördernd beeinflussen
– Die Arbeitsmotivation positiv beeinflussen
– Vorhandene Architektur unterstreichen den psychologischen Anforderungen

der Nutzer entsprechen
– …

All das lässt sich im Allgemeinen im Rahmen der nach EnEV 2007 und DIN V 18599 zulässigen Grenzwerte nicht erfüllen. Jede Lichtplanung muss sich mit der Referenzplanung messen lassen. Damit darf Licht nicht auf Wände oder die Decke fallen, da die Reflexion Energie vernichtet. Wandflutung, Indirektbeleuchtung und Akzentuierung entfallen somit als Beleuchtungsstrategien. Lampen mit einer geringeren Lichtausbeute als die einer T26 Leuchtstofflampe können nicht eingesetzt werden, wodurch kompakte Downlights und Strahler als Lichtwerkzeuge entfallen und die Beleuchtungsstrategie der Akzentbeleuchtung auch nicht mehr zur Verfügung steht. An den Einsatz von LEDs oder farbiger Beleuchtung darf man gar nicht erst denken. Sicher, für die leider weit verbreitete ‚Standardbürobeleuchtung‘, in der Langfeldleuchten gleichmäßig an der Raumdecke verteilt werden und in der reihenweise Arbeitnehmer demotiviert und gelangweilt werden, gerade so als stünden diese Ressourcen kostenfrei und in unbegrenztem Umfang zur Verfügung, gibt es Chancen. Noch ermittelt sich ja der Referenzwert mit VVG und T26-Lampen. Leuchten mit sehr guten Leuchtenbetriebswirkungsgraden, die mit einem EVG ausgestattet werden und T16-Lampen verwenden, können die Grenzwerte geringfügig unterschreiten. Sieht man weiterhin eine tageslichtabhängige Steuerung mit Präsenzüberwachung vor, schafft das ein wenig Luft für die ein oder andere sinnvolle Beleuchtungsstrategie. Noch wohlgemerkt, denn die Grenzanforderungen der ENEV 2007 werden steigen. Das Problem ist der Konstruktionsfehler. Die erforderliche Qualität der Beleuchtung ist nicht berücksichtigt. Es wird lediglich die Einhaltung der Anforderungen aus der EN 12464 gefordert. Und hier werden qualitative Ziele im oben genannten Sinne nicht wirklich definiert. Es geht eben auch in Standardbüros nicht nur darum 500lux auf dem Schreibtisch zu erzeugen, und das möglichst billig. Auch im Standardbüro denkt ein guter Lichtplaner darüber nach, wie man eine Arbeitsatmosphäre erzeugt, die die Arbeitsmotivation positiv beeinflusst oder den Krankenstand senkt. Eigentlich ist es gerade hier so wichtig, weil es so viele Mitarbeiter betrifft. Betriebs- und Volkswirtschaftlich ist der Nutzen groß. Einen Investor davon zu überzeugen ist die Aufgabe des Lichtplaners, dafür zu sensibilisieren liegt im Interesse vieler
Berufsgruppen.

Was kann der Planer tun

Ohne Energiepass gibt es keine Baugenehmigung. Der Planer müsste also in die Trickkiste greifen. Im Falle des Shops gibt es einige Möglichkeiten: Wenn man sich bemüht die DIN V 18599 ‚im eigenen Sinne‘ auszulegen, könnte man sagen, die Strahler dienen nicht der Erfüllung der Sehaufgabe der Arbeitnehmer im Shop, müssen also für die Energiebewertung nicht herangezogen werden. Man installiert also eine Beleuchtungsanlage zur Normerfüllung und eine fürs echte Leben. Das geht vielleicht, ist allerdings nicht im Sinne des Gesetzgebers und spart kein CO2. Eine Alternative wäre die Planung von vielen Stromschienen, aber nur einem Bruchteil der Leuchten. Nach Erteilung der Baugenehmigung hängt man dann das in die Schienen, was erforderlich ist. Das geht vielleicht, ist allerdings nicht im Sinne des Gesetzgebers und spart kein CO2. Schließlich kann man durch schlaue Definition von Arbeitsbereichen und Durchgangsbereichen, sowie Lichtszenen auch einiges gewinnen.

Was ist zu tun

Es gibt nur eine Lösung aus dem Dilemma. Die EnEV 2007 und die DIN V 18599 müssen geändert werden und dürfen sich zur Qualitätsdefinition von Beleuchtung nicht alleine auf die geltenden Lichtnormen beziehen. Will der Gesetzgeber für den Energiebedarf von Beleuchtung weiter Grenzwerte vorgeben, muss ein Verfahren erfunden werden, das Qualität zulässt und Energieverschwendung ausschließt.

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