Sichere Elektroinstallationen

Effektiver Brandschutz mit der Wärmebildkamera

In modernen Gebäuden wird die Elektrik immer umfangreicher und komplexer. Dadurch steigen die Anforderungen an Brandschutzbeauftragte, Haustechnik und Gebäudeverwaltung. Wärmebildkameras und die damit durch technische Experten durchgeführten thermographischen Untersuchungen können hierbei ein wichtiges Mittel sein, um Schäden frühzeitig zu identifizieren. Durch den Einsatz dieser modernen Prüfmethoden können die vorgeschriebenen VdS-Prüfungen an kritischen Anlagenteilen ohne Betriebsunterbrechungen durchgeführt werden.
Bild: Tüv Süd

Elektrothermografie ermöglicht eine vorbeugende Instandhaltung und vermeidet kostspielige Anlagenausfälle. Das Verfahren ergänzt bisherige Prüfmethoden und kann optimal in einen regelmäßigen Wartungs- und Instandhaltungsplan integriert werden. Gebäudebetreiber erhöhen damit die Sicherheit von Personen und Sachwerten. Unternehmen vermeiden darüber hinaus Produktionsausfälle. Die Fähigkeiten der Elektrothermografie sind vielfältig: Bei Neuanlagen deckt sie Installationsfehler auf und sichert so nach der Inbetriebnahme die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit. Materialverschleiß, der die Leistung der Anlage im laufenden Betrieb beeinflusst, wird frühzeitig erkannt und kann z.B. durch Austausch von Komponenten gezielt und im Rahmen der Wartungspläne behoben werden. Auch das Kühlmanagement elektrischer Anlagen lässt sich mit Wärmebildkameras leicht analysieren. Eine professionelle elektrothermografische Prüfung erleichtert zudem den Abschluss von Feuerversicherungen, wenn Anbieter entsprechende Nachweise einfordern. Viele Versicherer tun dies inzwischen – und manche ziehen die Elektrothermografie sogar der klassischen Prüfung der elektrischen Anlage nach SK 3602 vor. Doch nicht nur für einen gültigen Versicherungsschutz ist es wichtig, elektrische Anlagen regelmäßig zu prüfen. Diese Anforderung ergibt sich u.a. auch aus dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), der DGUV Vorschrift 3 bzw. DGUV Vorschrift 4 sowie aus verschiedenen VDE-Bestimmungen. Die genaue Durchführung der elektrothermografischen Prüfung regelt die Norm DIN 54191. Die Richtlinie VdS 2858 beschreibt den Zweck und den Nutzen der elektrothermografischen Untersuchung, gibt Beispiele für typische Fehlerstellen vor und macht Vorgaben, wer die entsprechenden Untersuchungen durchführen darf. Sie empfiehlt ein Prüfintervall von einem Jahr. Die Prüfdokumentation in einem rechtssicheren Untersuchungsbericht folgt VdS 2860.

Das Thermogramm macht Dinge sichtbar, die dem Auge sonst verborgen bleiben - wie hier, eine thermische Überlastung durch einen fehlerhaften Leiteranschluss.
Das Thermogramm macht Dinge sichtbar, die dem Auge sonst verborgen bleiben – wie hier, eine thermische Überlastung durch einen fehlerhaften Leiteranschluss.Bild: Tüv Süd

Elektrik als häufiger Brandherd

Dass hohe Brandschutzanforderungen und regelmäßige Wartung keine Garantie gegen Brände sind, zeigt der Fall einer Industrieschreinerei. Ein elektrischer Schaltschrank löste dort einen Brand im Verwaltungsgebäude aus. Dabei war er kurz zuvor ordnungsgemäß und ohne Beanstandungen geprüft worden. Die Isolation war äußerlich intakt und zum Zeitpunkt der Prüfung konnten aufgrund der fehlenden betrieblichen Belastung keine erhöhten Temperaturen festgestellt werden. Solche Fälle sind keine Seltenheit: Rund ein Drittel aller Brände in Deutschland ist auf eine mangelhafte Elektrik zurückzuführen.[1] Fehler in der Planung, Ausführung, dem Betrieb und der Wartung führen bisweilen zur Überlastung elektrischer Komponenten. In der Folge kann es zu übermäßiger Erhitzung kommen. Kritische Punkte sind Hauptverteiler, Kabelanschlüsse und Schaltschränke – aber auch Serverschränke und Transformatoren. Um die Betriebssicherheit zu gewährleisten und Personen- und Sachschäden zu vermeiden, müssen elektrische Anlagen daher fachgerecht gewartet und regelmäßig geprüft werden. Diese Prüfungen können im laufenden Betrieb leider nicht immer vollständig durchgeführt werden, denn beispielsweise für die notwendigen Messungen des Isolationswiderstandes der Anlagen ist es zwingend erforderlich, sie abzuschalten und den Betrieb für eine gewisse Zeit zu unterbrechen. Denn ohne diese Messungen ist die Vollständigkeit der Prüfaussagen nicht mehr gegeben und die Qualität der entsprechenden Untersuchungen deutlich eingeschränkt.

Infrarotaufnahmen geben Aufschluss

Die Vorteile von Wärmebildkameras sind dagegen eindeutig: Sie machen die Infrarotstrahlung elektrischer Anlagen sichtbar. Auffällige Temperaturen und Temperaturdifferenzen weisen auf defekte Komponenten oder weitere unsichtbare Mängel hin. Die Thermografie erlaubt dabei eine Zustandsanalyse im laufenden Betrieb, auch unter Spitzenlasten. Die Prüfung erfolgt berührungslos, was das Risiko für das Prüfpersonal reduziert. Selbst einfache Infrarotkameras bringen im Rahmen der wiederkehrenden Prüfungen nach Schutzklausel 3602 bereits zusätzliche Sicherheit. Ersetzen können sie diese aber nicht. Die im Rahmen der Prüfung nach Vorgaben des VdS nötigen Messungen von Isolationswiderständen erfordern, die Anlage zeitweise abzuschalten. Zudem führt die hohe Komplexität thermografischer Untersuchungen bisweilen zu Fehldiagnosen, wenn sie nicht von speziell geschulten Fachkräften vorgenommen werden. Hierfür gibt es die eigenständige Prüfdienstleistung der Elektrothermografie.

Auswertung durch Experten ist wichtig

Die Prüfung, welche mit modernen, spezialisierten Hochleistungsgeräten durch ausgebildete und zertifizierte Elektrothermografen durchgeführt wird, bringt dabei noch weitere Vorteile. Experten dieses Fachbereiches können elektrische Anschluss- und Verbindungselemente auf Schwachstellen hin untersuchen, Messungen auch an Mittel- und Hochspannungsanlagen vornehmen und mithilfe von Drohnen sogar elektrische Freileitungen und Freiluftanlagen inspizieren. Qualifizierte Fachkräfte kennen die Feinheiten thermografischer Aufnahmen, können die Bilder richtig interpretieren und wissen mit reflektierender Temperatur und Emissionsgraden umzugehen. Spezielle Software und Rechenmethoden ermöglichen, die Ergebnisse an die Betriebs- und Umgebungsbedingungen zum Zeitpunkt der Prüfung anzupassen und somit Daten aus dem Normalbetrieb auf besondere Lastsituationen hochzurechnen. Die fertigen Thermogramme zeigen die Oberflächen-Temperaturverteilung. Dabei werden durch die Elektrothermografen Mängel identifiziert und gegebenenfalls mit einer Ursachenbeschreibung hinterlegt. Tüv Süd stellt auf Kundenwunsch seine Untersuchungsergebnisse in Papierform und auf einer eigenen Online-Plattform bereit, die wie ein elektronisches Prüfbuch funktioniert. Durch die Durchführung von wiederkehrenden elektrothermografischen Untersuchungen in regelmäßigen Zeitabständen können so Veränderungen über den Lebenszyklus einer Anlage diagnostiziert werden. Auffällige Änderungen mit Gefahrenpotenzial können dabei identifiziert und beobachtet werden.

[1] Ursachenstatistik Brandschäden 2021, IFS Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung, www.ifs-ev.org

Autor | Stefan Veit, Leiter Produkt- und Qualitätsmanagement Bereich Elektrotechnik, Geschäftsfeld Elektro- und Gebäudetechnik, Tüv Süd Industrie Service GmbH

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