Interview Lothar Hellmann / ZVEH

 
Im Zuge der Digitalisierung und der intelligenten Vernetzung von Gebäuden steigt der Stellenwert von Normen. Wie sieht die Normungsarbeit im ZVEH aus? Welchen Einfluss hat das Elektrohandwerk bei der Gestaltung auf die für sie relevanten Normen? Wie werden die Interessen des Elektrohandwerks diesbezüglich gewahrt?

Die Normungsarbeit hat generell einen sehr hohen Stellenwert für unsere Handwerke. Es besteht ein enger Dialog mit dem VDE und der DKE. Experten der E-Handwerke sind in allen relevanten Gremien vertreten. Der ZVEH hat mit Burkhard Schulze einen Normen-Beauftragten berufen, der in diesem Gebiet federführend tätig ist. Zudem haben wir auf der Geschäftsstelle in Frankfurt Anfang des Jahres Andreas Habermehl eingestellt. Er betreut das Referat Innovationen und Normung. Ich selbst bin im Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN). (Anm. d. Red.: FNN ist der technische Regelsetzer für die Stromnetze in Deutschland). Außerdem gibt es noch das TAB-Fachforum, das der ZVEH zusammen mit dem Forum FNN organisiert. Dieses findet alle zwei Jahre zweitägig statt. Hier erfahren Elektrohandwerk und Netzbetreiber alles Neue rund um die Niederspannung. Wichtige Normungsarbeit leisten wir unter anderem auch für die Bereiche E-Mobilität und moderne Hausinstallation.

 
Oftmals besteht für den Praktiker das Problem, dass wenig Zeit vorhanden ist, um sich intensiv mit den Neuerungen in den Normen und Vorschriften zu beschäftigen. Was kann man tun, um die Anwendung von Normen und Vorschriften für den Praktiker zu erleichtern?

Beispielsweise lässt sich mit praxisgerechten Normen-Apps die Anwendung erleichtern. Dies hilft den Innungsmitgliedern bei Praxisfragen. Parallel gibt es Beratungen bei vielen Landesverbänden. Weitere Möglichkeiten, etwas Neues zum Thema Normen und Vorschriften zu erfahren, bieten unsere Fachtagungen sowie Fachforen auf Messen.

 
Nun zum Thema E-Markenkonzept. Was gibt es Neues in Sachen Weiterentwicklung? Warum lohnt es sich gerade jetzt, E-Marken-Betrieb zu werden?

Die E-Marke ist das Qualitätssiegel der E-Handwerke und ein wichtiger Orientierungspunkt im Markt. Sie ist ein Symbol für qualifizierte Dienstleistungen. Gäbe es die E-Marke nicht, müsste man sie heute erfinden. Hier spielen Faktoren wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Erreichbarkeit sowie 24h-Notdienst usw. eine wichtige Rolle. Wir brauchen die E-Marke auch zur Darstellung unserer Dienstleistungskompetenz. Die Betriebe kennzeichnen mit der E-Marke ihr hohes Qualifikationsniveau. Bedeutung hat die E-Marke auch vor dem Hintergrund der EU-Gesetzgebung. Denn die EU-Kommission versucht mit dem sogenannten Dienstleistungspaket, den Meistervorbehalt abzuschaffen. Bis jetzt stehen die gesamte Bundesregierung, auch die Kanzlerin, und der Bundestag hinter dem Meisterbrief. So haben Bundestag und Bundesrat eine EU Subsidiaritätsrüge erhoben und nach Brüssel geschickt. Des Weiteren wollen wir mit der E-Marke natürlich auch die meisterliche Qualifikation dokumentieren. Heute gibt es rund 8.000 E-Marken-Betriebe. Diese Zahl wollen wir weiter steigern, halten dabei aber ausdrücklich am Qualitätsprinzip fest.

 
Wie sehen Sie die Zukunft des Elektrohandwerks? Wo sehen Sie momentan die größten Herausforderungen und Trends der kommenden Jahre?

Ich sehe die Zukunft der E-Handwerke ausgesprochen positiv. Strom wird die prägende Energieart. Der Trend geht zu Komplettdienstleistungen. E-Handwerke können viele Projekte in einer Immobile betreuen, nicht nur einzelne Elektroaufträge. Umso wichtiger wird es sein, weiter auf Nachwuchsgewinnung und Mitarbeitersicherung zu setzten. Die Mitarbeiter werden durch Qualifizierungsangebote an die Betriebe gebunden. Wir freuen uns, dass die Betriebe 2016 erstmals bundesweit über 480.000 Mitarbeiter beschäftigt haben. Unsere Berufsfelder und auch die Gehälter sind also attraktiv. Ebenso bestehen in den Betrieben gute Weiterbildungs- bzw. Aufstiegsmöglichkeiten – ob zum Meister, Techniker oder Fachmonteur. Ich sehe in Zukunft für uns viele neue Marktfelder. Diese neuen Geschäftsfelder benötigen intelligente Lösungen und intelligente Mitarbeiter.

 
Was sind die Hauptziele für die nächsten beiden Jahre Ihrer Amtszeit?

Wir wollen unser E-Marken-Konzept schärfen. Derzeit gibt es dazu ausführliche Diskussionen in unseren Gremien. Dann steht ganz oben auf der Agenda die Qualifizierung zu intensivieren – vor allem vor dem Hintergrund der verschwimmenden Gewerkegrenzen. Ebenso möchte ich die doppelte Kompetenz der E-Handwerke im Bereich Energieversorgung und IT als besondere Domäne noch stärker im Markt positionieren. Der Kunde muss einfach wissen, dass er bei uns einen Ansprechpartner hat, der ihm viele Lösungen komplett aus einer Hand bietet. Zu den wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre gehört auch, das Marktfeld Smart Home für uns zu sichern. Sie hatten diesbezüglich die unterschiedlichen Wettbewerber aus den Bereichen Telekommunikation, Energieversorgung und Unterhaltungselektronik angesprochen. Hier gilt es, dafür zu sorgen, dass der Kunde weiß: Im professionellen Bereich ist das Elektrohandwerk mein erster Ansprechpartner. Das Fachhandwerk implementiert, programmiert und wartet die Anlagen.

Vielen Dank für das Gespräch!


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