Fassaden im Fokus

Hauchdünne Solarzellen verwandeln Glasfronten in Kraftwerke

Fassaden im Fokus

Städte verschlingen immer mehr Wärme und Strom. Um ihren Verbrauch zu senken, müssen Gebäude effizienter werden und mehr erneuerbare Energien integrieren. Neue, druckbare Photovoltaik-Halbleiter könnten dieser Entwicklung Vorschub leisten. Sie ermöglichen Solarfolien und Module, die aus Fenstern oder Fassaden Stromgeneratoren machen. Für die Hersteller von Solarglas und -modulen entsteht ein neuer Markt.

Durchsichtiges Kraftwerk: Transparente Solarfolien können zwischen Fensterscheiben laminiert werden. So entstehen getönte Gläser, die gleichzeitig Schatten spenden und Ökostrom erzeugen. (Bild: Heliatek / Smack Communications, Berlin)

Durchsichtiges Kraftwerk: Transparente Solarfolien können zwischen Fensterscheiben laminiert werden. So entstehen getönte Gläser, die gleichzeitig Schatten spenden und Ökostrom erzeugen. (Bild: Heliatek / Smack Communications, Berlin)


Der Wettlauf um das beste Material für Solarzellen hat einen neuen Kandidaten: Perowskit. Bei keinem Halbleiter gelang Forschern eine derart rasante Entwicklung des Wirkungsgrads. „Es ist ein regelrechter Hype um Perowskit ausgebrochen“, sagt Thomas Unold, Leiter des Instituts für Technologien am Helmholtz-Zentrum Berlin. Das Mineral verspricht, gleichzeitig effizient und preiswert zu sein. Beides lässt sich bisher nicht miteinander vereinen: Derzeit erreichen die besten Siliziumzellen mehr als 20% Wirkungsgrad, sind aber teuer in der Herstellung. Farbstoff- und organische Solarzellen wiederum können einfach auf Folie gedruckt werden, kommen jedoch über einen Wirkungsgrad von 10% oft nicht hinaus. Mit einer Perowskitzelle hingegen erreichten Forscher der University of California in Los Angeles (UCLA) kürzlich einen Wirkungsgrad von 19,3%. Gegenüber den ersten Perowskit-Zellen vor fünf Jahren hat sich der Wirkungsgrad damit versechsfacht. Das ist umso bemerkenswerter, als sich Perowskit einfach und sehr sparsam verarbeiten lässt. Es besteht aus den Allerweltsmaterialien Kohlenstoff, Stickstoff, Wasserstoff, Blei, Chlor und Jod, die sich als hauchdünne Schicht auf Glas aufdampfen oder auf Folie drucken lassen. Die UCLA-Forscher erzeugten nur eine knapp einen Millimeter starke Perowskitschicht, indem sie Glas mit organischen Molekülen und Bleikristallen bedampften. Dennoch generiert die Zelle fast so viel Strom wie eine 180µm dicke Siliziumzelle. Damit könnten die leistungsstarken Leichtgewichte Märkte erobern, die für die Photovoltaik bisher weitgehend tabu waren.
Dünn, leicht und biegsam: Die Firma Heliatek dampft einen fotoaktiven Film hauchdünn auf eine Trägerfolie auf. Die Folie kann somit nahezu unbegrenzt zur Stromproduktion eingesetzt werden. (Bild: Heliatek / Tim Deussen, Berlin)

Dünn, leicht und biegsam: Die Firma Heliatek dampft einen fotoaktiven Film hauchdünn auf eine Trägerfolie auf. Die Folie kann somit nahezu unbegrenzt zur Stromproduktion eingesetzt werden. (Bild: Heliatek / Tim Deussen, Berlin)

Gebäudeintegrierte Photovoltaik – bisher ein Nischenprodukt

Die gebäudeintegrierte Photovoltaik z.B., kurz BIPV (Building-Integrated Photovoltaics), ist nach wie vor nur eine Nische, weil die Herstellung und Installation multifunktionaler BIPV-Module aufwändig und teuer ist. Von den 3.300MW an Solarstromleistung, die 2013 in Deutschland ans Netz ging, wurden schätzungsweise nur rund 100MW in die Gebäudehülle integriert. Ein Markthemmnis: Bei den BIPV-Elementen handelt es sich meistens um projektorientierte Varianten, die in Größe, Form, Material, Farbe, Varianz in der Transparenz und Design an das jeweilige Gebäude angepasst sind – Individualität und der hohe Planungsaufwand haben ihren Preis. Perowskitzellen könnten die Kosten senken. Außerdem sind die für die BIPV in Frage kommenden Technologien bisher nicht effizient genug. Oft werden Module aus Dünnschichtsilizium angeboten, doch diese erreichen selten einen Wirkungsgrad von 10% – zu wenig, um sich mit klassischen Siliziumzellen auf dem Dach messen zu können, die fast doppelt so viel Licht in elektrische Energie umwandeln. Sie selbst eignen sich nur bedingt für die Gebäudeintegration: Sie werden direkt aus Blöcken gesägt, weshalb sie für komplexere BIPV-Anwendungen schlicht zu dick und unflexibel sind.

Algenhaus: In der Fassade des 'Hauses mit Biointelligenzquotient' in Hamburg erzeugen Algen per Photosynthese Wärme für die Wohnungen. (Bild: IBA Hamburg GmbH / Johannes Arlt)

Algenhaus: In der Fassade des ‚Hauses mit Biointelligenzquotient‘ in Hamburg erzeugen Algen per Photosynthese Wärme für die Wohnungen. (Bild: IBA Hamburg GmbH / Johannes Arlt)

Großes Klimaschutzpotenzial

Dennoch hoffen Experten auf einen baldigen Durchbruch der gebäudeintegrierten Photovoltaik, denn sie birgt immenses Klimaschutzpotenzial. Obwohl Großstädte nur ein Prozent der Erdoberfläche bedecken, verbrauchen sie 75% der eingesetzten Primärenergie und verursachen 80% der Treibhausgasemissionen. „Sie müssen bei einem Großteil ihrer Prozesse kohlendioxidneutral werden, sonst droht der Klimakollaps“, warnt die Wissenschaftlerin Christina Sager vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in Stuttgart. Effizientere Gebäude und erneuerbare Energien könnten aus ihrer Sicht die Trendwende bringen. Vor allem Solartechnik lasse sich gut in die Häuser einbinden. Wo sich Module nicht auf Dächer schrauben ließen, könnten sie als stromerzeugende Fenster oder Ersatz für die Betonfassade dienen, erklärt Sager. Bis die verheißungsvollen Perowskitzellen kommerziell einsetzbar sind, müssen die Forscher aber noch einige Herausforderungen meistern. „Die Entwicklung steht erst am Anfang“, sagt Helmholtz-Forscher Unold. Als größte Hürde gilt die Lebensdauer. Perowskit ist empfindlich und zersetzt sich schnell, wenn es mit Wasser in Berührung kommt. Deshalb müssen die Zellen so konstruiert werden, dass auch über 20 Jahre hinweg keine Feuchtigkeit eindringen kann. Dichte Verkapselungen, die für organische Leuchtdioden entwickelt wurden, sind ein Lösungsansatz.

Praxiserprobtes Vorzeigeprojekt: Das Dach des Berliner Hauptbahnhofs verdeutlicht die Vorzüge der BIPV: Die Module erzeugen Strom und lassen zugleich Licht passieren. (Bild: BSW-Solar / Paul Langrock)

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