Bosch mit Blitzschutzkonzept Vorreiter:
Ein Magnet für Blitze

Mit scharfem Blick überwachen die Systeme der Zentralen Leittechnik im Firmenkomplex der Firma Robert Bosch in Stuttgart-Feuerbach die Produktionsprozesse. Tritt irgendwo ein Problem auf, wird es hier sofort gemeldet. Damit diese Schaltzentrale nicht selbst einer Störung zum Opfer fällt, wurde das Gebäude im Dezember 2007 in Zusammenarbeit mit der Leutron GmbH mit einer neuen Blitz- und Überspannungsschutzanlage ausgestattet. Kernstück ist ein neuartiges, in Deutschland noch kaum bekanntes, Blitzableiterkonzept.
Neben der Forschung und Entwicklung werden bei Bosch hauptsächlich Bauteile für Kraftfahrzeugtechnik gefertigt. Die Zentrale Leittechnik stellt zwar nicht das Herz dieser Anlage dar, wohl aber ihre Augen. “Hier laufen z.B. eventuelle Störmeldungen ein“, erklärt Jochen Zowe, der zuständige Facility Manager in Feuerbach. Würde es an dieser Stelle zu einem Ausfall kommen, etwa durch einen Blitzeinschlag, könnte die Produktion zwar weiterlaufen, aber die dazugehörigen Daten wären verloren. Damit das nicht passiert, ist der Komplex schon lange mit einer Blitzschutzanlage nach VDE-Norm ausgestattet. Als Ende 2007 allerdings ein Umbau am Gebäude der Zentralen Leittechnik nötig wurde, entschied sich Bosch, auch gleich den Blitz- und Überspannungsschutz zu verbessern. Zum Einsatz kamen dabei Geräte nach dem neuen Stand der Technik. “Wir sind im Unternehmen immer offen für Innovationen“, erzählt Zowe. “Deshalb haben wir uns in diesem Fall nicht nur an Deutschland, sondern auch an Europa und Übersee orientiert.“ Dabei stieß er auf Dynasphere 3000, eine neue Blitzableiterkonstruktion des US-amerikanischen Herstellers Erico. Die Technik, die das Unternehmen in langjähriger Forschung und mit gründlichen Studien in Feld- und Laborversuchen entwickelte, überzeugte die Verantwortlichen von der neuen Idee. Ein wichtiger Faktor für die Entscheidung war dabei, dass die Leutron GmbH aus Leinfelden-Echterdingen, an die man sich bereits wegen des Überspannungsschutzes gewandt hatte, auch die amerikanische Ableiter-Technik anbot. Die Blitzschutzexperten in der Nachbarschaft waren für das Unternehmen ein wichtiger Pluspunkt, wie der Facility Manager berichtet: “Es ist einfach leichter mit einem Partner vor Ort zu arbeiten als mit einem in den USA.“ Leutron ist die Firma in Deutschland, die das patentierte System vertreibt, Projekte plant und Kunden schult.

Unwiderstehliche Anziehungskraft auf Blitze

Die Technik von Dynasphere basiert auf Erkenntnissen der Forschung, erklärt Helmut Zitzmann, Nachrichtentechniker und Vertriebsingenieur bei Leutron: “Die Anlage besteht aus einer halbkugelförmigen Fangeinrichtung, einem Ableiter und einem Erder mit niedrigem Widerstand, die einen Blitz gezielt und sicher anziehen und durch die schnelle Weiterleitung in den Boden unschädlich machen.“ Nähert sich ein Abwärtsblitz dem Gebäude, nimmt die Spannung in der Halbkugel durch die kapazitive Kopplung zu, bis ein kontrollierter Lichtbogen zwischen der Kuppel und der Fangstange entsteht. Dadurch werden zum einen Elektronen frei, zum anderen verstärkt sich das elektrische Feld über der Konstruktion. Beides zusammen erzeugt schließlich eine Fangentladung, die den Leitblitz und die Entladung an sich und in den Ableiter zieht. “Nur durch diese Abstimmung mit dem elektrischen Feld ist gesichert, dass zum richtigen Zeitpunkt eine Fangentladung entsteht, die sich mit dem Leitblitz koppeln kann“, so Zitzmann. Für die Platzierung der Fangeinrichtung setzt Leutron die Collection Volume Methode (CVM) ein, die unter Berücksichtigung des elektrischen Widerstands der Luft, der unterschiedlichen Stärke des elektrischen Feldes an verschiedenen Stellen des Gebäudes und etwaiger konkurrierender Fangvolumen den Ort für eine optimale Schutzwirkung errechnet. Das herkömmliche Blitzkugelverfahren, das zur Berechnung mit fixen Blitzdistanzen arbeitet, wird dadurch verfeinert.

Blitzschutz mit Vorbildfunktion

Bosch spielt mit der Anlage die Rolle eines Vorreiters in Deutschland, während im gewitterträchtigen Klima Südostasiens derartige Blitzschutzsysteme schon seit Längerem im Einsatz sind. An einem Kommunikationsturm in der Nähe von Bandung auf West-Java etwa, wurden innerhalb von drei Jahren 56 Blitzschläge ohne Folgeschäden abgefangen. Neben der höheren Schutzwirkung profitiert der Automobilzulieferer in Stuttgart aber auch von anderen Vorteilen der Umrüstung. So habe sich dadurch eine spürbare Ersparnis an Kosten und Wartungszeit ergeben, berichtet Zowe. Ausschlaggebend dafür ist, dass Dynasphere nur mit einem Ableiter arbeitet, wodurch sich die Zeit für die Kontrolle der Blitzschutzinstallation deutlich verkürzt. “Die Technik ist anders als in Deutschland üblich“, berichtet der Facility Manager, “deshalb sehen wir diesen Versuch als Pilotprojekt an.“ In Fragen der Sicherheit und Funktionalität wird Bosch dabei vom TÜV Süd begleitet. Da das System bislang nur an zwei Gebäuden im Norden Deutschlands, eines davon ist die Arena Auf Schalke, eingesetzt wird, ist die Zentrale Leittechnik in Stuttgart-Feuerbach in den wenigen Monaten seit der Installation bereits zum praktischen Anschauungsobjekt für den Süden der Republik avanciert. Vor allem die benachbarten Stuttgarter Konzerne zeigen schon erstes Interesse.

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