Heiz- und Kühlsystem

Am Rand der schwäbischen Alb, im Herzen des Tüftler- und Erfinderlandes Baden-Württemberg, hat ein Unternehmer ein Büro- und Produktionsgebäude erbaut, das mit seinem Energiekonzept europaweit einzigartig ist. Thomas Preuhs wollte zeigen, dass es sich lohnt, neue Wege in Sachen erneuerbare Energie einzuschlagen. Der Unternehmer, der mehrere Firmen unter anderem im Bereich der erneuerbaren Energien führt, wollte beim Neubau nicht allein auf die Stromerzeugung durch Photovoltaik setzen, sondern durch geschickte Verbindung von Photovoltaik, konzentrierender Solarthermie und einem Latentwärmespeicher ganzjährig ausreichend Strom sowie Heiz- und Kühlleistung erzeugen.
Mitte 2010 wurde das Gebäude, in dem rund 180 Mitarbeiter beschäftigt sind, eingeweiht und hat mittlerweile die Bewährungsprobe eines langen Winters bestanden. Es war eine enorme Herausforderung, ein Heizungs- und Kühlsystem zu entwerfen, das unabhängig von fossilen Brennstoffen arbeitet und auch in Schlechtwetterphasen das 4.500m² große Gebäude ausreichend temperiert.

Heizen mit Eis

Dreh- und Angelpunkt eines solchen Konzepts ist die Frage der Energiespeicherung. Durch eine intelligente Kopplung von Technologien wurde dies möglich: Das Konzept des innovativen Heizungssystems basiert auf einem Zusammenspiel zwischen saisonalem Latentwärmespeicher, elektrischen Wärmepumpen und Parabolrinnen. Die Parabolrinnen sorgen in den Übergangsjahreszeiten für die benötigte Heizenergie, indem sie zwei Pufferspeicher mit je 1.500l laden, aus denen die Fußbodenheizung beschickt wird. Das Heizen mit Eis funktioniert so: Neben dem Gebäude ist ein großer Eis-Speicher angelegt. Dieser liegt einen Meter unter der Erde, hat eine zylindrische Form, einen Durchmesser von 15m und eine Höhe von 5m. Innerhalb des Speichers sind rund 3km Wärmetauscherrohre installiert. Wenn im trüben Herbst die Sonnenstrahlen nicht mehr ausreichen, dann bedienen sich die Wärmepumpen aus dem saisonalen Latentwärmespeicher, der ein Volumen von 800.000l Wasser bevorratet. Die Pumpen stellen so die benötigte Heizenergie zur Verfügung. Dabei nutzen sie die hohe Energiedichte, die der Phasenwechsel zwischen 0°C flüssigem Wasser und 0°C festem Eis in sich birgt. An den sonnigen Wintertagen können die Parabolrinnen das Heizen übernehmen. Im Frühjahr ist der Speicher entladen und es befindet sich eine große Menge Eis darin. Dieses wird zum Kühlen des Gebäudes an heißen Sommertagen verwendet. Dabei wird der Speicher wieder regeneriert und aufgeladen. Da die benötigte Kühlleistung jedoch nicht so hoch ist wie die im Eis gespeicherte Kälte, schicken die auf dem Gebäudedach installierten 30 Parabolrinnen im Sommer ihre Energie direkt in den Eisspeicher. Dadurch ist gewährleistet, dass für die kalten Wintertage wieder die gebündelte Energiemenge des Phasenwechsels zur Verfügung steht. Das ganze System wird permanent von einem automatischen Monitoringsystem überwacht und gesteuert. Um daraus Informationen für die Weiterentwicklung zu erhalten, werden die Messdaten in einer Datenbank abgelegt und ausgewertet.

Wärmelieferant Parabolrinnen

Die eingesetzten Parabolrinnen wurden in der Unternehmensgruppe entwickelt und produziert. Dabei legten die Ingenieure großen Wert auf einfache und effiziente Fertigungsmöglichkeiten. Durch die Tragflächenkonstruktion aus Aluminium erhalten die Parabolrinnen eine hohe Stabilität. Waren Parabolrinnen wegen ihrer aufwendigen Konstruktion bislang nur im Rahmen von Großkraftwerken wirtschaftlich einsetzbar, so ermöglicht der neu entwickelte Kollektor, der unter dem Namen Smirro vermarktet wird, den Einsatz der Technologie auch im kleineren Leistungsbereich. Denn mit einer Kollektorfläche von 3,4m² und einer Leistung von ca. 1,5kW je Modul eignet sich diese Parabolrinne für dezentrale Anwendungen.

Nachhaltigkeit

Seit vielen Jahren beschäftigt sich Thomas Preuhs mit der Erzeugung von Energie aus regenerativen Quellen. Das neu erbaute Firmengebäude ist ein Aushängeschild für die Idee der Nutzung von regenerativen Energien und des nachhaltigen Bauens. Bei der Planung und beim Bau hat der Firmengründer an vielen Stellen Neuland betreten. So gab es keinerlei Erfahrungen, wie groß der Eisspeicher, der für die Klimatisierung des Gebäudes zum Einsatz kommt, sein muss. Unternehmerisches Risiko und mutige Entscheidungen kennzeichnen diesen Neubau. Herausgekommen ist ein Gebäude, das in vielen Punkten einzigartig in Deutschland ist. Zum Grundkonzept des nachhaltigen Bauens gehört neben der Energieversorgung und dem innovativen Konzept der Wärmegewinnung unter anderem auch ein 30.000l fassender Regenwasserspeicher, der für die Bewässerung der Außenanlagen und für die Toilettenspülungen genutzt wird. Mittels Betonkernaktivierung durch Wasser wird zudem Wärme übertragen. Diese recht junge Technik nutzt die Fähigkeit der Decken und Wände im Gebäude, thermische Energie zu speichern und damit Räume zu heizen oder zu kühlen. Dreifach verglaste Fenster sorgen für eine optimale Isolation des Gebäudes. Die großen Fensterflächen fangen das Sonnenlicht ein, das dann die Räume bei Bedarf zusätzlich erwärmt. Das gesamte Gebäude ist mit speziell behandeltem Holz verkleidet, sodass es sich optisch harmonisch in die Landschaft einfügt.

Zukunftsmarkt: Konzentriende Solarthermie

Regenerative Energien gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Steigende Rohstoffpreise und die Verknappung fossiler Rohstoffe beschleunigen das Umdenken. In Deutschland wurde das Hauptaugenmerk bisher überwiegend auf die Möglichkeiten und Anwendungen der Photovoltaik gelegt, nicht zuletzt durch die staatlichen Subventionen. Neben der Photovoltaik ist die Solarthermie ein weiterer großer Bereich mit großem Potenzial. Die Entwicklungen der Flach- und Röhrenkollektoren zur Wärmegewinnung wurden stark vorangetrieben und optimiert. Zum großen Bereich der Solarthermie gehört auch die konzentrierende Solarthermie. Diese Technologie wurde lange Zeit unterschätzt. Erst in den letzten Jahren ist begonnen worden, sich ernsthaft mit den verschiedenen Möglichkeiten und dem Potenzial dieser Technologie auseinander zu setzen. Die konzentrierende Solarthermie ermöglicht es unter anderem aus der Kraft der Sonne Strom zu gewinnen; man kann sie aber auch zur Erzeugung von industriellem Prozessdampf und weiteren Anwendungen einsetzen.


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