Fragen an den HEA-Geschäftsführer

HEA-Geschäftsführer Dr. Jan Witt beantwortet, warum kürzlich die neue Ausstattungsrichtlinie RAL-RG 678 für Elektroinstallationen in Wohngebäuden verabschiedet wurde und was jetzt ein zusätzliches ‚Plus‘ bringt.
Warum wurde die neue Ausstattungsrichtlinie RAL-RG 678 für Elektroinstallationen in Wohngebäuden jetzt verabschiedet?

Angesichts der enormen Bedeutung, die der Optimierung des Energieverbrauchs in Gebäuden zuerkannt wird, ist eine solche Anpassung geboten. Bis zum Jahr 2020 soll der Wärmebedarf um 20% reduziert werden und bis 2050 ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand vorhanden sein. Das ist ohne intelligent vernetzte Gebäudesystemtechnik nicht möglich. Sie dient insbesondere dazu, das komplexe Zusammenwirken der Anlagentechnik zu optimieren, den Nutzen des energie- und kostenoptimierten Betriebs ebenso zu gewährleisten wie die stark gestiegenen Ansprüche an Komfort und Sicherheit. Selbst bei absolut perfekter Wärmedämmung und luftdichter Ausführung der Gebäudehülle lässt sich die notwendige Heizenergie zwar reduzieren, jedoch verbleiben der zu deckende Bedarf für die Trinkwassererwärmung und die Erwärmung der frischen Luft im Gebäude. Allein dieser, den es auch im Jahr 2020 oder 2050 geben wird, beträgt nach Berechnungen der HEA beim heutigen Gebäudebestand rund 200Mrd.kWh. Durch Einbindung von erneuerbaren Energiequellen und kostenloser Umweltwärme lässt sich das weitgehend decken, erforderlich ist entsprechende Gebäudesystemtechnik. Aber auch der Nutzer selbst ist einzubeziehen. Wir brauchen daher sowohl Anzeige- als auch Steuerelemente für den Energieverbrauch in Gebäuden. Das sollte bereits in der Planung von Neubau und Modernisierungsmaßnahmen Gegenstand der Überlegungen bei Investoren und Eigentümern sein.

Die Gütebezeichnungen für die Elektroinstallation durch ein, zwei oder drei Sterne sind seit Langem eingeführt und regelmäßig dem Stand der Technik angepasst worden. Was bringt jetzt ein zusätzliches ‚Plus‘?

Die Systematik der 1-, 2- und 3-Sterne-Installation der HEA wird dann um ein ‚Plus‘ erweitert, wenn Gebäudesystemtechnik, z.B. für die Optimierung der Heizungsanlage, Einsatz einer Lichtsteuerung, Verschattungseinrichtungen und eine Energieverbrauchsüberwachung vorgesehen werden. Die Plus-Ausstattungswerte basieren auf einer erweiterten Norm für die Anwendung der Gebäudesystemtechnik – DIN18015-4. Das bringt mehr Transparenz und Planungssicherheit und verhindert kostenintensive nachträgliche Installationen, wie sie heute oftmals Praxis sind. Nach den der HEA vorliegenden Erkenntnissen wird häufig bei der Elektroinstallation gespart. Das liegt zum großen Teil immer noch daran, dass der Nutzen der Gebäudesystemtechnik nicht ausreichend bekannt ist. Hier setzt die HEA an, die als Marktpartnerorganisation Unterstützung gibt, wie beispielsweise über die Initiative Elektro+, die sich direkt an Planer, Architekten, Eigentümer, Wohnungsunternehmen und das Fachhandwerk richtet.

Sie sprechen von Weichenstellungen für mehr Energieeffizienz? In welche Richtung denken Sie dabei? Bringt eine Steckdose pro Raum mehr wirkliche Energieeinsparung im Haushalt?

Würden wir unsere Botschaft auf ein Plus an Steckdosen im Raum reduzieren, wäre das sicherlich eine verkaufsfördernde Maßnahme, aber für das Anliegen, mehr Energieeffizienz in die Gebäude zu tragen, völlig unzureichend. Die viel zitierten Preissignale an der Steckdose durch Lastverlagerung energieverbrauchender Geräte im Haushalt – Stichworte Smart Metering und Smart Home -, aber auch die Teilhabe an entsprechenden Marktmodellen, die auf eine aktive Mitwirkung des Verbrauchers an der Optimierung der Netzintegration erneuerbarer Energien setzen, erfordern ein Mindestmaß an Gebäudesystemtechnik, an Informations- und Kommunikationstechnologie sowie an Bus-Funktionalitäten. Es geht mit den neuen RAL-Gütekriterien nicht vordergründig darum, möglichst viel Technik zu installieren, sondern um Investitionsentscheidungen auf der Basis von Kenntnissen und Notwendigkeiten, die auf dem Nutzen dieser Maßnahmen beruhen.