Das energieautonome Einfamilienwohnhaus

Bei fluktuierenden Energien, wie etwa der Photovoltaik (PV), ist die Synchronisierung zwischen Erzeugung und Verbrauch nur teilweise gegeben. Wenn der Energiebedarf eines Haushaltes sich annähernd mit dem PV-Anlagenertrag deckt, sprechen unabhängige Studien von einem durchschnittlich erreichbaren Eigenverbrauchsanteil von 30%. Um diesen Anteil signifikant zu erhöhen, sind Speichertechnologien notwendig. Mit dem hier beschriebenen Energiekonzept kann dieser auf 100% angehoben werden. Damit ist in Zukunft eine vollständige autonome Strom- und Wärmeversorgung auf eigenem Grund und Boden möglich. Das Konzept wird zurzeit erstmalig an einem Fronius-Standort in Österreich umgesetzt.
Speicherung von erneuerbaren Energien kann prinzipiell auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Zentrale Konzepte sind in Europa in Diskussion. Die grundlegende Idee sind große Offshore-Windparks im Norden, zentrale PV-Anlagen im Süden und große Pumpspeicherkraftwerke, z.B. in den Alpen. Solche Konzepte werden kontrovers diskutiert, da sie zusätzliche, starke Fernleitungsnetze quer durch Europa benötigen und diese viel Fläche und Finanzmittel in Anspruch nehmen. Dezentrale Speicherung vor Ort bietet eine Alternative. Die Fronius-Energiezelle verfolgt diesen dezentralen Ansatz auf der Ebene eines Einfamilienhauses, um dort Energie zu erzeugen, wo sie auch benötigt wird. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass die entstehende Abwärme direkt für Warmwasseraufbereitung und Heizzwecke genutzt werden kann. Somit wird ein hoher Gesamtwirkungsgrad erreicht. In zentralen Kraftwerken gibt es für die Abwärme am Standort im Allgemeinen keinen Bedarf bzw. werden Fernwärmenetze aufgrund der Kosten- und Abnehmerstruktur selten realisiert.

Die Lösung

Während des Tages und bei ausreichender Sonneneinstrahlung können die Stromverbraucher direkt über den PV-Wechselrichter betrieben werden. Stromüberschüsse werden auf mehrere Arten genutzt. Einerseits werden damit Batterien geladen, die in den Abend- und Nachtstunden die benötigte Energie zur Verfügung stellen (Kurzzeitspeicherung). Andererseits wird mit den Stromüberschüssen der Sommermonate ein Elektrolyseur in der Fronius-Energiezelle versorgt. Dieser erzeugt Wasserstoff, der im externen Tank gespeichert wird. Im Winter wird der gespeicherte Wasserstoff mit der Brennstoffzellenfunktion der Fronius-Energiezelle wieder zurück in Strom gewandelt (Langzeitspeicherung). Diese Umwandlungsprozesse der Fronius-Energiezelle erzeugen zusätzlich Abwärme, die zur Warmwasseraufbereitung und zur Heizungsunterstützung verwendet wird. Das Energiemanagementsystem sorgt im Gesamtsystem für die optimierte Energienutzung und -verteilung. Damit ist das Fronius-Haus der Zukunft völlig energieautonom, 100% der benötigten Energie werden aus PV erzeugt und sind zu jedem Zeitpunkt verfügbar.

Die Umsetzung

Auf Basis einer Modellinstallation wird das vorliegende Konzept erstmalig an einem Fronius-Standort in Österreich umgesetzt.
Folgende Annahmen sind hier getroffen:
– 4-Personen-Haushalt in Mitteleuropa,
– Kopplung an das öffentliche elektrische Netz,
– Beheizte Wohnfläche: 170m²,
– Elektrischer Energiebedarf (ohne Wärmepumpe): 3.000kWh/a – energieeffizienter Haushalt,
– Heizenergiebedarf: 2.500kWh/a; 15kWh/(m² a), Niedrigstenergiehaus nach EU-Gebäuderichtlinie,
– Warmwasserbedarf: 1.500kWh/a (25l pro Tag und Person),
– PV-Ertragsleistung: 6.000kWh/a; entspricht etwa einer 60m²-PV-Anlage,
– Nutzerverhalten und Energieflüsse: Für die Aufteilung des PV-Ertrags wird 1/3 Direktverbrauch, 1/3 über Kurzzeitspeicher und 1/3 über Langzeitspeicher angesetzt.
Die Realisierung lässt sich kompakt in einem Anlagenraum (etwa 11m²) und einem Wasserstoff-Tankraum (7,4m²) unterbringen. Für den Kurzzeitspeicher sind 10kWh Speicherkapazität ausreichend. Um Technologievergleichswerte zu erhalten, werden sowohl Blei- als auch Lithium-Batterien eingesetzt. Die Langzeitspeicherung wird durch die Fronius-Energiezelle als Energiewandler und einem Wasserstofftank mit 1.200kWh Energieinhalt möglich. Der Tank wird mit vier Bündel à zwölf 50l-Stahlflaschen bei einem Druck von etwa 200bar umgesetzt. Dieses Speichermedium ist Stand der Technik und seit Jahrzehnten in der Industrie etabliert.
Die wesentlichen technischen Daten der Fronius-Energiezelle:
– Gesamtwirkungsgrad unter Berücksichtigung der Abwärmenutzung: > 80%,
– Abwärmeniveau: bis zu 80°C,
– Durch die Nutzung der Energiezellenabwärme kann über 2/3 des jährlichen Warmwasserbedarfs gedeckt werden.
Durch eine Kombination der beiden Speichertechnologien entstehen wichtige Synergien: Im Kurzzeitspeicherbereich werden der gute elektrische Wirkungsgrad sowie die Fähigkeit der Batterien, Spitzenleistung zu liefern, genutzt. Energie über längere Zeiträume mit einer vergleichsweise sehr hohen Energiedichte zu speichern und diese dann in Form von Strom und Wärme nutzbar zu machen, ist die Stärke des Wasserstoffs. Weitere Komponenten sind die Wasseraufbereitung, bei der deonisiertes Wasser für die Elektrolyse erzeugt wird, und der Wärmepufferspeicher zur Nutzung der Fronius-Energiezellen-Abwärme. Der Wechselrichter verknüpft den PV-Generator, das Wechselstromnetz und die Speichereinheiten.

Das Energiemanagement

Die optimale Energieeffizienz innerhalb eines Gebäudes erfordert stets die simultane Kontrolle aller im Haus auftretenden Energieströme. Diese werden an jene Stellen im Haus gelenkt, an denen sie benötigt werden. Basierend auf dem EY-Modulo-System der Fr. Sauter AG in Basel, erfüllt das Energiemanagementsystem (EM) die geforderte Aufgabe, indem es autark, über alle Gewerke hinweg, sowohl die thermischen als auch elektrischen Bedarfe innerhalb des Hauses erfasst und dadurch für eine bedarfsgerechte Bereitstellung Sorge trägt. Mit der gewählten Regelungsstrategie zur Optimierung vom Eigenverbrauch des solaren Ertrages wird dem Wunsch nach einem erhöhten Autonomiegrad des Hauses Rechnung getragen. Durch eine mögliche Ankopplung des Energiemanagers an das zukünftige intelligente Stromnetz rücken weitere Anwendungen, wie z.B. die vom EVU zur Reduzierung von Netzlastschwankungen gesteuerten dezentralen Energiespeicher oder gar die privaten Strombörsen in greifbare Nähe.

Smart Meter von zentraler Bedeutung

Zentrale Führungsgröße für die Regelung der elektrischen hausinternen Energieströme ist der bidirektionale Leistungszähler am öffentlichen Stromnetz (Smart Meter). Dieser erkennt aktuelle Laständerungen im Haus und veranlasst den EM, den Mehrbedarf über den Kurzzeit- und Langzeitspeicher zu decken. Gleiches gilt bei solarer Überkapazität: Hier entscheidet der EM, abhängig von der Kontinuität des solaren Ertrags, – mit welcher Priorität die Speicher geladen werden, um dann, bei erreichter Füllung, mit der Netzeinspeisung zu beginnen.

Sanitär- und Heizwassermanagement

Anders hingegen sieht es beim Sanitär- und Heizwassermanagement im Haus aus: Nicht alle thermischen Bedarfe im Haus können ausschließlich durch die Abwärme der Fronius-Energiezelle gedeckt werden. Deshalb wird in einem weiteren Projektschritt ein zusätzlicher Wärmeerzeuger in das Sauter-Energiemanagement-System integriert. Über die Summe aller gemessenen Temperatur- und Verbrauchsdaten werden vom EM beim Einsatz einer Wärmepumpe sowohl die optimale Vorlauftemperatur als auch die benötigte Warmwassermenge bestimmt und an diese übertragen. Die Einbindung von z.B. Pelletöfen oder gar Wasserstoffthermen ist gleichfalls denkbar und setzt lediglich eine Übertragung von Schaltsignalen zu den Geräten voraus. Die effiziente hausinterne Regelung beider Energieströme basiert somit stets auf einer umfangreichen Gewerke-übergreifenden Kommunikation mit Sensoren und Stellgliedern. Aus diesem Grund ist das Sauter-Energiemanagement-System vorwiegend mit renovationstauglichen Schnittstellen wie Powerline und Funk ausgestattet. Eine LAN-Schnittstelle mit Webserver ergänzt die kabellose als auch -gebundene Visualisierung aller hausinternen Anwenderdaten. Ein zusätzlicher Cloud-Server bietet den Datenzugriff auch von extern und unterstützt damit auch Servicetätigkeiten über Fernwartung. Sollte ergänzend die Notwendigkeit für ein Lastmanagement bestehen, lassen sich selbst ältere Verbraucher über Steckdosenadapter einfach in das System integrieren.

Schlussfolgerung

Mit diesem Konzept wird die Leistungsfähigkeit von PV aufgezeigt. Ganzjährige Strom- und Wärmeautonomie durch dezentrale PV ist möglich. Die Systemkosten zu reduzieren ist die zukünftige Herausforderung, um den Markt der Einfamilienwohnhäuser zu öffnen. Inselanwendungen können dazu als früher Markt dienen. Politische Rahmenbedingungen und Energiepreisentwicklungen werden die Marktetablierung wesentlich beeinflussen.