Zukunftsweisende Wärmeversorgung

Im engen Austausch für das gemeinsame Projekt: Ralf Breuer, Gebietsverkaufsleiter Stiebel Eltron, Wolfgang Fischer, Geschäftsführer Hans Fischer GmbH, und Jörg Wiskirchen, Geschäftsführer der G und S Baukunst GmbH & Co. (von links)
Im engen Austausch für das gemeinsame Projekt: Ralf Breuer, Gebietsverkaufsleiter Stiebel Eltron, Wolfgang Fischer, Geschäftsführer Hans Fischer GmbH, und Jörg Wiskirchen, Geschäftsführer der G und S Baukunst GmbH & Co. (von links)Bild: ©Stiebel Eltron

Wo früher eine alte Gärtnerei stand, sind in nur drei Jahren die Euskirchener Südstadtgärten entstanden – ein modernes Wohnquartier mit zwölf Mehrfamilienhäusern, die um fünf Tiefgaragen gruppiert sind. „Was wir hier umgesetzt haben, kann als Musterlösung für eine nachhaltige Wärmeversorgung betrachtet werden“, resümiert Jörg Wiskirchen, Geschäftsführer der G und S Baukunst GmbH & Co. KG. Das Quartier zeigt, wie moderne Heiztechniklösungen aussehen können: Gebäudehülle nach Effizienzhaus-55-EE-Standard, kaltes Nahwärmenetz, hocheffiziente Erdwärmepumpen zum Heizen und Kühlen sowie Photovoltaikstrom, der für den Betrieb der Haustechnik genutzt wird. Das Gesamtkonzept hinter den Südstadtgärten beschränkt sich jedoch nicht allein auf eine klimaneutrale Energieversorgung. „Ziel des Projekts ist es, lebenswerten Wohnraum für Jung und Alt zu schaffen. Das umfasst auch eine ruhige, begrünte Umgebung“, erklärt Wiskirchen. Die gesamte Außenanlage des Wohnquartiers besteht daher aus großzügig angelegten Grünflächen mit Kinderspielplätzen und Hochbeeten. Auch das Thema Mobilität hatte im Gesamtkonzept Priorität: Deshalb wurden hier von vorneherein ausreichend Parkmöglichkeiten mit Ladesäulenvorrichtungen für E-Autos eingeplant.

Die größte Heizzentrale im Quartier besteht aus zwei kaskadierten Sole-Wasser-Wärmepumpen des Typs WPE-I 59 H 400 Premium mit insgesamt 120 Kilowatt Wärmeleistung, die in Kombination mit zwei Pufferspeichern und drei Frischwasserspeichern arbeiten.
Die größte Heizzentrale im Quartier besteht aus zwei kaskadierten Sole-Wasser-Wärmepumpen des Typs WPE-I 59 H 400 Premium mit insgesamt 120 Kilowatt Wärmeleistung, die in Kombination mit zwei Pufferspeichern und drei Frischwasserspeichern arbeiten. Bild: ©Stiebel Eltron

Kaltes Nahwärmenetz auf Basis von Erdwärme

Unterhalb der Park- und Grünflächen, eingelassen ins Erdreich, verbirgt sich das Herzstück der Wärmeversorgung: das kalte Nahwärmenetz. Über ein unterirdisches Rohrsystem wird Wärmeenergie auf einem sehr niedrigen Temperaturniveau an die umliegenden Gebäude verteilt. Die Umweltwärmeenergie in einem kalten Nahewärmenetz kann grundsätzlich aus einer Vielzahl möglicher Quellen stammen – darunter etwa Grundwasser, Abwärme oder Bioenergie. Im Fall des Neubauprojekts wird sie aus dem Erdreich bezogen. Um den erforderlichen Bedarf zu decken, wurden insgesamt 35 Erdsonden, verteilt auf zwei Sondenfelder, je 150m tief ins Erdreich eingelassen. Über eine Ringleitung, in der die Sole – ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel – zirkuliert, wird die Umweltwärme von den Sondenfeldern zu den insgesamt fünf Heizzentralen transportiert. Dort heben Erdwärmepumpen von Stiebel Eltron die Temperatur dann auf das zum Heizen benötigte Temperaturniveau an. Der große Vorteil dabei: Da das kalte Nahwärmenetz mit niedrigen Übertragungstemperaturen arbeitet, entstehen auch ohne oder nur mit geringer Rohrisolierung kaum Wärmeverluste, was eine hohe Systemeffizienz gewährleistet.

Die Heizzentralen werden über das Internet Service Gateway (ISG) von Stiebel Eltron miteinander vernetzt und zentral überwacht. Gleichzeitig wird das System über das ISG mit der PV-Anlage vernetzt.
Die Heizzentralen werden über das Internet Service Gateway (ISG) von Stiebel Eltron miteinander vernetzt und zentral überwacht. Gleichzeitig wird das System über das ISG mit der PV-Anlage vernetzt.Bild: ©Stiebel Eltron

Was spricht für Erdwärmepumpen?

Dass als Wärmeerzeuger Erdwärmepumpen eingesetzt werden sollen, stand für die G und S Baukunst von vorneherein fest. „Wir setzen bevorzugt auf Erdwärmepumpen. Dabei sind für uns zwei Argumente ausschlaggebend: Zum einen die hohe Effizienz der Systeme, zum anderen die Möglichkeit der passiven Kühlung“, erläutert Wiskirchen. Von einem kalten Nahwärmenetz hingegen war anfangs noch nicht die Rede. Erst im Austausch mit der Hans Fischer GmbH aus Meckenheim kam diese Option ins Gespräch. Der Fachbetrieb für Sanitär und Heizung befasst sich seit Anfang der 2000er Jahre mit dem Bereich der Erneuerbaren Energien und zeichnete im Euskirchener Projekt u.a. für die Planung und Umsetzung der Wärmeversorgung verantwortlich. Dipl.-Ing. Wolfgang Fischer, der Geschäftsführer, erklärt, wie es letztlich zur Entscheidung für das kalte Nahwärmenetz kam: „Aufgrund der engen Platzverhältnisse und des besonderen Zuschnitts der Außenanlagen war schnell klar, dass nicht jede Heizzentrale eigene Erdsonden erhalten konnte. Genau für dieses Einsatzszenario sind kalte Nahwärmenetze prädestiniert: Die Wärmequelle wird nicht für jeden Abnehmer einzeln, sondern zentral erschlossen. Auf diese Weise lassen sich ganze Quartiere und Siedlungen in Sachen Wärme effizient mit regenerativer Energie versorgen.“

Entscheidung fiel auf Stiebel Eltron

Über den Installationsbetrieb kam schließlich auch der Kontakt zu Stiebel Eltron zustande: Schon in der Vergangenheit setzte die G und S Baukunst erfolgreich Projekte mit dem Wärmepumpenhersteller um. Ralf Breuer, der seit über 40 Jahren als Gebietsverkaufsleiter für die Region Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis bei Stiebel Eltron tätig ist, begleitete den Planungsprozess von Beginn an mit: „Wir haben die Firma Fischer mit allen planungsrelevanten Daten zu unseren Systemen versorgt und u.a. die Wärmepumpen sowie die Heizungspuffer- und Trinkwarmwasserspeicher entsprechend der Anforderungen dimensioniert.“ Abhängig von Gebäudegröße und Anzahl der Wohneinheiten wurden dann verschiedene Anlagenkonstellationen entwickelt. So besteht etwa die größte Anlage aus zwei kaskadierten Sole-Wasser-Wärmepumpen des Typs WPE-I 59 H 400 Premium, die in Kombination mit zwei Pufferspeichern des Typs SBP 1000E und drei Frischwasserspeichern des Typs SBS 1001W aufgestellt wurde. Die beiden Wärmepumpen liefern zusammen knapp 120kW Wärmeleistung.

Gesamte Heizanlage unterstützt passive Kühlung

Die ausgewählten Wärmepumpensysteme unterstützen jedoch nicht nur den Heizbetrieb, sondern sind von Haus aus auch mit einer Kühlfunktion ausgestattet. Für Jörg Wiskirchen ist das ein entscheidender Vorteil: „Die Möglichkeit, an warmen Tagen mit dem Heizsystem auch passiv kühlen zu können, hebt den Wohnkomfort noch einmal deutlich an.“ Während der Kühlung wird der Heizbetrieb gewissermaßen umgekehrt: Das kalte Heizwasser in den Fußbodenheizungen entzieht den Wohnräumen Wärme, die über Plattenwärmetauscher auf den Solekreislauf des Nahwärmenetzes übertragen und schließlich ins Erdreich abgeführt wird. Da der Wärmepumpenverdichter dabei durch ein zusätzliches Umschaltventil umgangen wird, also während des Kühlbetriebs gar nicht zum Einsatz kommt, arbeitet die passive Kühlung energiesparend. Strom benötigt in diesem Fall nur die Umwälzpumpe, die den Sole- und den Heizungswasserkreislauf für den Abtransport der Wärme in Gang hält. Wolfgang Fischer erkennt in der passiven Kühlung noch einen weiteren Vorteil für die Gesamteffizienz des Heizsystems: „Während des Kühlvorgangs findet eine Regeneration der Wärmequelle statt – dem Erdreich wird Wärme zugeführt, die in der darauffolgenden Heizperiode zumindest teilweise zur Wärmeerzeugung genutzt werden kann und so für einen noch effizienteren Heizbetrieb sorgt.“

Wolfgang Fischer, Geschäftsführer der Hans Fischer GmbH (links), brachte die Idee des kalten Nahwärmenetzes aufgrund der engen Platzverhältnisse vor Ort in das Projekt.
Wolfgang Fischer, Geschäftsführer der Hans Fischer GmbH (links), brachte die Idee des kalten Nahwärmenetzes aufgrund der engen Platzverhältnisse vor Ort in das Projekt. Bild: ©Stiebel Eltron

Anlagenoptimierung und PV-Einbindung über kompaktes Gateway

Im Hinblick auf die Gesamteffizienz der Anlage ist hier aber noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: Alle Wärmepumpen werden über das Stiebel Eltron-Internet Service Gateway (ISG) miteinander vernetzt und zentral durch einen Contractor überwacht. Mithilfe des kompakten Gateways lassen sich Anlageneinstellungen auch im laufenden Betrieb noch optimieren und so die Energieeffizienz des Systems weiter steigern. Auch das Zusammenspiel von PV-Anlage und Wärmepumpen wird über das ISG geregelt: Es vernetzt beide Systeme miteinander, sodass ein größtmöglicher Anteil des selbsterzeugten PV-Stroms unmittelbar zum Betrieb der Wärmepumpe eingesetzt werden kann. Zudem besteht mit dieser Lösung die Möglichkeit, auch überschüssige Energie zu nutzen: Bei einer Stromüberproduktion beladen die Wärmepumpen die Pufferspeicher, welche die bevorratete Wärmeenergie wiederum zeitversetzt abgeben können. „Die Einbindung der PV-Anlagen ermöglicht uns einen teilautarken Betrieb der Haustechnik – einschließlich der Wärmepumpenanlage. Aktuell decken wir rund 30 Prozent des Jahresbedarfs an Strom mit der PV-Anlage ab. Die restlichen 70 Prozent beziehen wir als CO2-neutralen Ökostrom und sind damit in diesem Quartier vollständig klimaneutral“, so Wiskirchen.

Positive Jahresarbeitszahlen prognostiziert

Die ersten Wärmepumpen sind seit November 2022 in Betrieb und erzielen hohe Wirkungsgrade: Voraussichtlich werden Jahresarbeitszahlen von 4,9 erreicht. „Durch die Regeneration des Erdreichs während des Kühlbetriebs liegen wir wahrscheinlich noch etwas darüber“, berichtet Wolfgang Fischer. Auch das Fazit zum Projektablauf fällt durchweg positiv aus. Von den geplanten 105 Wohneinheiten sind 70 bereits bezogen und an das Wärmenetz angeschlossen. Dass alle Bauabschnitte plangemäß realisiert werden konnten, ist nicht zuletzt auch das Ergebnis der engen Zusammenarbeit aller Beteiligten. „Die Zusammenarbeit mit Stiebel Eltron war extrem verlässlich und die Lieferung der Geräte funktionierte immer just-in-time“, bestätigt Jörg Wiskirchen. Dem pflichtet auch Wolfgang Fischer bei: „Wir haben die Zusammenarbeit durchweg professionell und auf Augenhöhe erlebt.“

Fazit

In Euskirchen wurde so letztlich eine Heizungslösung umgesetzt, die als Vorbild in Sachen Wärmewende im Wohnbau gelten kann. „Insbesondere dort, wo Bauland neu erschlossen werden muss, können kalte Nahwärmenetze auf Basis von Erdwärme künftig eine wichtige Rolle spielen“, so Ralf Breuer. Davon ist auch Jörg Wiskirchen überzeugt, der bereits das nächste Neubauprojekt in diesem Stil geplant hat: „Zur Versorgung der 40 Wohneinheiten werden wir auch dort wieder auf kalte Nahwärme setzen – und natürlich auf Wärmepumpen von Stiebel Eltron.“

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