Für die interoperable Gebäudeautomation: BACnet-zertifiziertes Automationssystem im Einsatz

Gebäudeleittechnik und Gebäudeautomation sind die wesentlichen Grundvoraussetzungen für den sicheren, ökologischen, wirtschaftlichen und energieeffizienten Betrieb von Gebäuden und Liegenschaften. Energieoptimierung gewinnt immer mehr an Bedeutung, und keiner kommt mehr an diesem Thema vorbei. Daher sind technische Innovationen erforderlich, die eine gewerkeübergreifende Integration ermöglichen. Im Bereich der Gebäudeautomation hat man jedoch oft mit unterschiedlichen Kommunikationsnetzen zu kämpfen. Die ‚alten Leiden‘ der Branche wie geschlossene Systeme, Grenzen und kurze Lebenszyklen sind nicht mehr bezahl- und managbar. Hier sind ganzheitliche Konzepte gefragt, die dem Anlagenbediener einen Überblick über alle Gewerke eines Gebäudes oder einer Liegenschaft geben. Innovationen mit Standards mit SPS-Qualität und zukunftsorientierte Systeme sind gefordert, zugleich finden Web-/IT-Technologien Einzug in der Welt der Automation.
Vermehrt setzen Anwender im Bereich der Gebäudeautomation auf BACnet, ein Kommunikationsprotokoll für die Gebäudeautomation zur einfachen, gewerkeübergreifenden Integration im Gebäude. Was aber, wenn bei Sanierungsmaßnahmen die in einer Anlage vorhandenen Automationsstationen nicht alle gleichzeitig gegen BACnet-kompatible Geräte ausgetauscht, sondern sukzessive nachgerüstet werden sollen und dennoch eine zentrale Verwaltung aller Prozessinformationen der Gebäudeleittechnik (GLT) gewünscht ist? Der Artikel beschreibt hier eine beispielhafte Lösung anhand der Gebäudeautomation und der GLT des Hannover Airport.

BACnet-fähige Steuerungen gesucht

Als am Flughafen Hannover-Langenhagen das Shoppingcenter Airport Plus angebaut wurde, sollte die Überwachung und Steuerung von Gewerken in diesem Neubau wie Heizung, Kälte-, Klimatechnik und Einzelraumregelung nicht einfach ins vorhandene zentrale Leitsystem eingebunden werden. Vielmehr wollte die für die Betreuung der Gebäudeleittechnik (GLT) am Flughafen Hannover zuständige AirITSystems Hannover GmbH die Erweiterung zur Erneuerung der gesamten GLT nutzen, um hier einen großen Schritt in Richtung BACnet (siehe Kastentext 1) zu gehen. Ziel war es also, die komplette Gebäudeleittechnik des neuen Shoppingcenters Aiport Plus mit BACnet-fähigen Automationsstationen aufzubauen und gleichzeitig die bereits vorhandenen Gewerke bestehender Gebäudeteile ins neue BACnet zu integrieren. Im ersten Schritt waren also Steuerungen gefragt, die diesen Standard unterstützen. Dazu wurden mit einer Ausschreibung und einem mehrstufigen Qualifizierungsprozess die geeigneten Anbieter für die Leit- und Prozessebene ermittelt. Um zu prüfen, ob BACnet-fähige Steuerungen in der Praxis auch halten, was sie in der Theorie versprechen, lud man vier Steuerungsanbieter zu einem Testaufbau ihrer Automationsstationen vor Ort ein. Auf allen Stationen wurde eine raumlufttechnische Anlage mit Heizfunktion programmiert, dabei gehörte zu den Pflichtfunktionen der Anlauf nach Netzwiederkehr, Betriebszeitenregelung über einen Zeitschaltkatalog, Umschaltfunktion über Managementebene, Temperaturregelung, Brandmeldung, Pumpen- und Ventilatorsteuerung mit Keilriemenwächter und Filterüberwachung, Frostanfahrbetrieb sowie ein luft- und wasserseitiger Frostschutz.

And the winner is …

Die Wahl fiel schließlich auf eine Steuerung des Typs SaiaPCD3 aus dem Hause Saia-Burgess, nicht nur weil sie die Vorgaben zur Zufriedenheit erfüllte, sondern auch weil das System eine einfache Bedienbarkeit hat und zudem über eine umfassende BACnet-Implementierung über den Standard hinaus bietet (siehe Kastentext 2). Generell wurde diese Automationssystemfamilie als BACnet Building Controller (B-BC) nach Ansi/Ashrae 135-2004 zertifiziert, um eine offene, gewerkeübergreifende Gebäudeautomation zu ermöglichen. Die Automationsstationen sind BACnet-zertifiziert und mit dem globalen BTL-Zeichen für getestete BACnet-Konformität versehen. Unterstützt werden die BACnet Data-Link-Layer BACnet/IP und BACnet/PTP sowie 23 Datenobjekte gemäß dem Ansi/Ashrae 135-2004-Standard für den Datenaustausch, für BACnet-Programme und BACnet-Dienste. Bei alledem bleiben den Standardfunktionen der SaiaPCD-Familie vollständig erhalten. Dazu gehören beispielsweise der modulare Aufbau, der eine flexible Anpassung an individuelle Lösungen ermöglicht, die Unterstützung zahlreicher Schnittstellen, integrierter Web-Server, die Möglichkeit zum Ergänzen zusätzlicher IT-Speichermodule (Bearbeitung mit Standard-Tools) oder die komfortable Programmierung über die Programmierumgebung PG5 Controls-Suite. Hier werden aufgrund der Automations-Bibliothek DDC-Suite Version 2.0 automatisch die für die Applikation notwendigen BACnet-Objekte erzeugt.

Das passende Leitsystem gesucht

Auch mit dem Einsatz von BACnet im Neubau des Flughafens sollten sich neue wie vorhandene Anlagen von einer zentralen Leitstelle überwachen und steuern lassen. Mit der Realisierung der Leitebene wurde die Firma INGA (Ingenieurgesellschaft für Gebäudeautomation) aus Hameln betraut, die sich zunächst ebenfalls neben vier Mitbewerbern beweisen musste. Dazu galt es, die Testaufbauten ins Leitsystem zu integrieren und dann zahlreiche Pflichtfunktionen nachzuweisen: z.B. Device- und Networkmanagement, Data Sharing (Austausch zwischen den Unterstationen), ereignisorientierte Alarmweiterleitung (Change of Value), Scheduling (Zeitschalten), mindestens sechs Prioritäten für Meldungen, Trendaufzeichnung in fünf Minutenwerten sowie Realisierung eines vorgegebenen, 30-stelligen Adressschlüssels. INGA konnte unter anderem ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten sowohl bei Integration als auch für anfallende Folgekosten, ein modernes Bedienkonzept basierend auf Web-Technologie, die Verwendung von Standard-Tools für Bedienung und Wartung sowie die passende Managementsoftware INGA-IBS. Ein weiteres Plus: Als Systemintegrator von Saia-Burgess kennt sich das Unternehmen natürlich mit den ausgewählten SaiaPCD3 Automationssystemen aus.

Gegenwart trifft Zukunft

Zu Beginn der Umrüstung auf den neuen Kommunikationsstandard waren in der kompletten Liegenschaft knapp 70 Automatisierungsstationen verschiedener Hersteller im Einsatz. Eine Möglichkeit, diese vorhandenen Stationen in ein BACnet zu integrieren, besteht im Nachrüsten entsprechender Schnittstellen. Das bringt jedoch einen nicht zu verachtenden Kosten- und Arbeitsaufwand mit sich. Ein wesentlicher Vorteil der am Hannover Airport eingesetzten fabrikatsneutralen Gebäudeleittechnik IBS und dem PCD-Automationssystem ist deren Fähigkeit, gleichzeitig gemischte Automationsgeräte und Bussysteme verschiedener Hersteller auf die einheitliche Bedienoberfläche aufschalten zu können, bzw. miteinander zu vernetzen. Aufgrund integrierter Schnittstelle lassen sich sowohl BACnet-Objekte wie die neuen PCD3-Steuerungen als auch herkömmliche Automatisierungsstationen direkt einbinden. Der Arbeitsaufwand für das Aufschalten vorhandener Systeme bleibt dabei ähnlich wie bei der Alternative mit den nachgerüsteten Schnittstellen, allerdings fallen bei dieser Vorgehensweise die Anschaffungskosten für die entsprechenden Schnittstellen bei den vorhandenen Geräten weg. Inzwischen sind im Leitsystem an 73 Automationsstationen insgesamt 866 Anlagen aufgeschaltet, 136 verschiedene Anlagenbilder wurden realisiert und sieben stationäre Bedienplätze geschaffen. Das komplette System verwaltet nun über 17.000 Datenpunkte. Damit bietet die Managementsoftware eine gute Lösung für alle Anlagen, in denen man künftig auf BACnet setzen will, vorhandene nicht-BACnet-fähige Geräte aus Kostengründen oder wegen des hohen Aufwands aber erst nach und nach ersetzen kann. Dass dies in der Praxis funktioniert, zeigt das beschriebene Beispiel, wo seit einiger Zeit nun vorhandene Automationsstationen verschiedener Hersteller und neue BACnet-fähige SaiaPCD3-Steuerungen zuverlässig von einem zentralen Prozessleitsystem überwacht werden. Am Hannover Airport ist man somit zukünftig für die einfache Integration von weiteren Automationsstationen gemäß des zukunftsweisenden BACnet-Standards gewappnet.

Kasten 1: Flexible Automationsstationen mit umfassender BACnet-Implementierung

Die aktuelle Produktpalette modularer SaiaPCD Automationsstationen wurde vom akkreditierten, unabhängigen Labor WSP Lab BACnet-zertifiziert. Somit sind nun alle neuen Automatisierungsstationen des Unternehmens bereits in der Grundausstattung BACnet-fähig; herkömmliche Automationsstationen lassen sich mit einem optionalen Flashmodul ohne Umbauaufwand mit dem BACnet-Stack nachrüsten. Daneben überzeugen die Automationsstationen durch ihren modularen Aufbau und einem funktionsstarken AutomationServer, der neben FTP- und Web-Server auch einen Mail-Server bietet sowie alle wesentlichen IP- und Telekomprotokolle unterstützt. Ein zusätzliches SD-Flashmodul erlaubt die Speichererweiterung der Steuerung auf bis zu 4GB.

Kasten 2: Was ist BACnet?

BACnet steht für ‚Data Communication Protocol for Building Automation and Control Networks‘ (deutsch: Kommunikations-Protokoll für Datennetze der Gebäudeautomation und Gebäuderegelung). Es ermöglicht eine einfache Integration verschiedener Gewerke wie HLK (Heizung, Lüftung, Klima), Lichtsteuerung, Sicherheits- und Brandmeldetechnik eines Gebäudes in eine zentrale Steuerung. Dabei ist der Standard geeignet sowohl für die Management- als auch für die Automationsebene. Das Protokoll unterstützt verschiedene, gängige physikalische Medien wie z.B. Ethernet, ARCNET oder RS232 und wurde durch die ANSI als amerikanischer Standard Ashrae /Ansi 135-1995 übernommen.

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