Fassadenintegrierte Photovoltaik verbindet
Energieeffizienz und Ästhetik
Nachhaltigkeit im
urbanen Wohnungsbau
Am 16. September 2015 wurde in Frankfurt am Main mit dem Effizienzhaus Plus das weltweit erste Forschungs- und Präsentationsobjekt für nachhaltiges Bauen im Geschosswohnungsbau eingeweiht.
Integraler Bestandteil sowohl des ganzheitlichen Energiekonzeptes als auch der markanten Architektur des Effizienzhaus Plus ist eine bauwerkintegrierte Photovoltaikanlage (BIPV).
Auf vier Etagen und rund 1.600m2 Wohnfläche befinden sich 17 Zwei- bis Fünfzimmerwohnungen. Als Niedrigstenergiegebäude (nearly zero energy building) setzt das Effizienzhaus Plus bereits jetzt um, was ab 2021 in der gesamten Europäischen Union Standard werden soll: energieeffiziente Gebäude mit niedrigstem Energieverbrauch und einer Energieversorgung aus erneuerbaren Energien. Damit soll die Abhängigkeit von fossilen Energiequellen reduziert und der Ausstoß von Treibhausgasen minimiert werden. Das Effizienzhaus Plus geht allerdings noch einen Schritt weiter. Es ist so konzipiert, dass nicht nur der Energiebedarf der Bewohner vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt, sondern sogar ein Energieüberschuss erzielt wird, mit dem vor Ort z.B. E-Fahrzeuge aufgeladen werden können. Wohnen und Mobilität werden so in einem innovativen Gesamtkonzept vereint. Integraler Bestandteil sowohl des ganzheitlichen Energiekonzeptes, das unterschiedliche nachhaltige Möglichkeiten zur Energieerzeugung und -speicherung kombiniert, als auch der markanten Architektur des Effizienzhaus Plus ist die bauwerkintegrierte Photovoltaikanlage (BIPV) an der Südfassade. Der BIPV-Spezialist solarnova aus Wedel bei Hamburg lieferte hierfür insgesamt 46 maßgeschneiderte monokristalline Photovoltaikmodule mit einer Gesamtleistung von 15,16 Kilowattpeak (kWp). Nicht zuletzt auch durch die BIPV-Anlage wird ein jährlicher Energieüberschuss von 24.524 Kilowattstunden (kWh) erzielt.
Planung, Fertigung, Leistung
Die EGS-Plan Ingenieurgesellschaft für Energie-, Gebäude- und Solartechnik mbH entwarf das Energiekonzept für das Effizienzhaus Plus und hat gezielt solarnova für das Projekt ausgewählt. Denn solarnova ist seit nunmehr 20 Jahren am Markt und kann weltweit zahlreiche Referenzen aufweisen, hierzu zählen beispielsweise das Aktiv-Stadthaus in Frankfurt am Main, das BedZED in London oder das Public Safety Building in Salt Lake City. In enger Zusammenarbeit mit den Ingenieuren und der HHS Planer + Architekten AG wurden zunächst die komplexen Anforderungen an Leistung, Farbgebung und Abmessungen der BIPV-Module erarbeitet. Eine besondere Herausforderung war dabei, die architektonische Vision und den Anspruch an die Leistung der Anlage auszuloten. Denn Ziel war es, einen harmonisch fließenden Übergang zwischen der Aufdach-Photovoltaikanlage und der bauwerkintegrierten Photovoltaikanlage an der Südfassade zu schaffen. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach besteht aus Hochleistungsmodulen, deren Optik nicht verändert werden kann. Die formtechnische Komplexität für solarnova bestand darin, trotz der unterschiedlichen Modultypen eine homogene Optik sicherzustellen. Schließlich wurden die schwarzen rahmenlosen Glas-Glas-Solarmodule in Wedel individuell angefertigt, sodass sie optimal an die Form des Gebäudes angepasst sind und den Vorgaben des Architekten und der Ingenieure in Hinblick auf Leistung und Optik entsprechen. Die BIPV-Anlage des Effizienzhaus Plus ist nicht mehr nur ein Energieerzeugungsprodukt, sondern vielmehr der prägende Bestandteil der modernen Architektur. Sie ist das Bindeglied zwischen Ästhetik und energetischer Bauvision. Auf einer Fläche von 127m2 erzeugt die BIPV-Anlage pro Jahr rund 9.514kWh und sorgt somit auch für das nötige Plus: insgesamt 24.524kWh Gesamtenergieüberschuss pro Jahr.
Baustoff ‚Made in Germany‘
Dank der BIPV kann fast jede Fläche der Gebäudehülle zur Energiegewinnung genutzt werden. Als Baustoff der Zukunft hat die BIPV aber noch weitere Vorteile: Je nach individuellem Anspruch und Projekt dient die BIPV der Verschattung, Wärmedämmung und dem Wetter-, Sicht- oder Schallschutz. Im Effizienzhaus Plus übernehmen die bauwerkintegrierten Photovoltaikmodule von solarnova eben auch diese zusätzlichen, BIPV-typischen Funktionen. Die BIPV-Elemente können sogar selbst zur Gebäudehülle werden. Denn mit den BIPV-Modulen lassen sich klassische Baumaterialien wie Ziegel, Marmor, Granit oder Holz gänzlich ersetzen. Diese Ersatzfunktion der BIPV für klassische Baustoffe ist bislang wenig bekannt. Das Effizienzhaus Plus übernimmt also eine weitere Vorbildfunktion. Es zeigt sowohl die technischen Vorteile der BIPV als auch die ästhetischen Möglichkeiten und optischen Vorteile. Der Einsatz der bauwerkintegrierten Photovoltaik in der Praxis schafft eine erhöhte Sichtbarkeit und Wahrnehmung im Bausektor. Die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien wird dadurch auch für architektonisch und optisch anspruchsvolle Bauprojekte interessant. Die Glas-Glas- oder Glas-Folien-Module von solarnova können dabei sowohl in Fassaden als auch in Brüstungen, Überkopfverglasungen und Sonnenschutzvorrichtungen integriert werden. Solarnova zeichnet sich einerseits durch die Herstellung der individuellen Module in Deutschland und die damit verbundene Qualität aus und andererseits durch das Know-how der Mitarbeiter.
Effizienzhaus Plus: Energiekonzept und Wohnkomfort
Neben der BIPV-Anlage in der Südfassade gehören zu dem Energiekonzept des Effizienzhaus Plus außerdem eine Dach-Photovoltaikanlage auf einer Fläche von 426m2 mit einer Gesamtleistung von 80kWp, 11 Solar-/Umgebungsluft-Absorber mit je einer Entzugsleistung von rund 480W/m2K bei einer Rohrlänge von 600m je Kollektor und ein Eisspeicher mit 98.000l Wasservolumen. Alle energetischen Prozesse des Hauses werden durch selbst produzierten Strom betrieben. Dadurch kann vollständig auf endliche Energiequellen verzichtet werden, bei deren Verbrennung das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid entsteht. Auch wenn das Hauptaugenmerk des Energiehauses Plus auf dem energetischen Konzept liegt, müssen die Bewohner nicht auf einen hohen Wohnkomfort verzichten. Die zentrale Lüftungsanlage versorgt die Mieter mit Frischluft, die Fußbodenheizung liefert im Winter Wärme und bietet im Sommer Kühlung, die Böden bestehen aus Eichenholzparkett und fast alle Wohnungen verfügen über eine Loggia. Die Fenster und Außentüren sind außerdem dreifachverglast und tragen dadurch sowohl zur Energieeffizienz als auch zum Schallschutz bei.
Projektbeteiligte und Förderung
Bauherr des Effizienzhaus Plus ist die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte Wohnstadt. Die Planung übernahm die HHS Planer + Architekten AG. Die technische Gebäudeausrüstung setzte die EGS-Plan Ingenieurgesellschaft für Energie-, Gebäude- und Solartechnik mbH um. Die Lorenz Energie GmbH aus Gründau-Lieblos führte die Installationsarbeiten durch. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt durch das Institut für Gebäude- und Solartechnik (IGS) an der Technischen Universität Braunschweig. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, von der Forschungsinitiative ZukunftBau, vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, der Stadt Frankfurt am Main, dem Land Hessen und der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen.