Moderne Systeme zum Sound Masking

Moderne Systeme zum Sound Masking

Das leise Open Office wird Wirklichkeit

Nach einer Untersuchung der International Facility Management Association arbeiten in den USA bereits 70 Prozent aller Büroangestellten in einer entsprechenden Umgebung. In Europa sind es 50 Prozent. Der Grund für diese Entwicklung sind vor allem wachsende Büromieten in den Metropolen. Es gibt jedoch auch arbeitspsychologische Aspekte, die für die engere Zusammenarbeit sprechen. Beim Habitat Soundscaping, einem Raumkonzept von Poly, wird über das Rauschen von Wasser das störende Stimmgewirr im Büro gedämpft. Dadurch steigen Konzentration, Wohlbefinden und die Kreativität der Mitarbeiter.

Habitat Soundscaping Photography (Bild: Poly)

(Bild: Poly)

Großraumbüros ermöglichen einen schnellen und unkomplizierten Austausch der Mitarbeiter über Team- und Abteilungsgrenzen hinweg. Einzelne Mitarbeiter, ganze Teams und letztlich das komplette Unternehmen werden dadurch im Idealfall agiler. Vom Startup bis zum Großkonzern setzen deshalb immer mehr Firmen auf Konzepte, bei denen starre Sitzordnungen aufgehoben werden und in denen es kleine Meetingräume und Rückzugsmöglichkeiten für spontane Besprechungen gibt. Grundsätzlich kommt es dabei vor allem auf die vier Ks an: Konzentration, Kollaboration, Kommunikation und Kontemplation.

Der Wunsch nach Ruhe

In der Praxis ist es allerdings hauptsächlich die Konzentration, die in Großraumumgebungen zu kurz kommt. Viele Mitarbeiter fühlen sich durch die Gespräche ihrer Kollegen massiv gestört, gerade wenn sie konzentriert arbeiten wollen. Laut einem Experiment von Gloria Mark von der University of California mit über 20.000 Teilnehmern dauert es z.B. 23 Minuten bis ein Mitarbeiter nach einer Ablenkung wieder mit voller Konzentration bei der Sache ist. In einer Büroumgebung sind einzelne Stimmen durchaus noch aus einer Entfernung von etwa 18m wahrzunehmen. Das sorgt in einem Großraumbüro für einen massiven Pegel an ablenkenden Geräuschen. Dass sich Mitarbeiter vom Stimmengewirr im Büro so gestört fühlen, hat auch biologische Gründe: Das Gehirn versucht aus jedem deutlich verständlichen Wortfetzen einen kognitiven Zusammenhang zu konstruieren. Anders als die Augen kann der Mensch seine Ohren jedoch nicht verschließen und diesen Prozess unterbrechen. Die einzige Chance, diesen Störfaktor auszuschalten, besteht darin, die Sprachverständlichkeit ‚herunterzuregeln‘. Die einfachste Maßnahme, das Blockieren durch schallschluckende Wände, steht dem Konzept des Open Office allerdings entgegen.

Die elektronischen Tricks

Es gibt jedoch elektronische Verfahren, mit denen die Stimmen innerhalb des allgemeinen Umgebungsgeräusches gezielt unverständlich gemacht werden können. Seit mehreren Jahren existieren dafür Sound-Masking-Systeme. Dabei wird über Lautsprecher in der Decke das Büro mit so genanntem weißen Rauschen beschallt. Dabei handelt es sich um ein Geräusch, bei dem sich die Energie konstant über ein Frequenzband erstreckt. Das Verfahren führt dazu, dass die Sprachverständlichkeit sinkt und die Gespräche der Kollegen weniger stören. Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe gravierender Nachteile. So berichten Angestellte von Kopfschmerzen und Unwohlsein und einer diffus unangenehm empfundenen Arbeitsatmosphäre. Ein weiterer Nachteil dieser Lösungen ist, dass sie nicht adaptiv arbeiten und gezielt Gruppen, die lauter reden, maskieren. Neuere Systeme werden heute oft unter dem Label ‚grünes Rauschen‘ vermarktet. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um Geräusche in einem engeren Frequenzspektrum – die negativen Folgen sind die gleichen.

Visuelle Elemente wie Wasserfälle unterstützen das Habitat Soundscaping und steigern die Kreativität der Mitarbeiter. (Bild: Poly)

Visuelle Elemente wie Wasserfälle unterstützen das Habitat Soundscaping und steigern die Kreativität der Mitarbeiter. (Bild: Poly)

Der Weg zum natürlichen Rauschen

Als Poly im Jahr 2017 sein neues Großraumbüro in Hoofddorp bezog, stellte sich das Unternehmen die Frage, wie der Lärmpegel dort optimal reduziert werden könnte. Ein Team aus Akustikern beschäftigte sich daher näher mit Sound-Masking-Systemen und deren Nachteilen und hielt Ausschau nach besseren Alternativen. Schnell war klar, dass die eigenen Headset-Produkte keine alleinige Lösung sein konnten. Noise-Cancelling-Kopfhörer sind nicht für den achtstündigen Dauereinsatz im Büro konzipiert. Der Mensch nimmt über das Ohr nämlich nicht nur den Schall sondern auch Rauminformationen auf. In einem Raum ohne jegliche Schallreflektion stellen sich nach einer längeren Zeit körperliche und mentale Symptome wie Übelkeit, Nervosität und allgemeines Unwohlsein ein. Gesucht wurde deshalb nach einem System, bei dem Lautsprecher die menschliche Sprache maskieren, ohne dass es zu den bekannten Symptomen kommt. Fündig wurde das Team von Poly, indem es sich mit der Theorie der ‚Biophilie‘ beschäftigte und einen Blick auf die Natur und die natürlichen Verhaltensweisen des Menschen warf: Zum Wasser scheint der Mensch eine ganz besondere Verbindung zu haben. Wer entspannen und absschalten möchte, sucht oft die Nähe des Wassers. Basierend darauf entwickelte das Unternehmen eine Lösung, die heute unter dem Namen Habitat Soundscaping angeboten wird. Dabei erfassen mehrere Sensoren, die von der Decke herabhängen oder in sie eingebaut sind, permanent den Schallpegel im Büro. Technisch sind sie so ausgelegt, dass mit ihnen keine Stimmaufzeichnungen möglich sind. Über einen Rechner wird dann ein dreidimensionales Bild von den akustischen Verhältnissen im Raum errechnet. Über einige Deckenlautsprecher legt sich dann der dreidimensionale Soundteppich aus Wasserrauschen über das Büro. Er wird als ausgesprochen räumlich und damit als natürlicher Teil der Umgebung wahrgenommen. Das Besondere an der Lösung ist die intelligente Umsetzung der Soundmaskierung. So kann das System das Rauschen ganz gezielt an den Stellen im Raum anheben, an denen es nötig ist. Erkennt das System einen akustischen Hotspot, also z.B. eine Gruppe von Leuten, die miteinander reden, so wird um diese automatisch eine Art akustischer Vorhang gezogen. Dazu muss das Rauschen nur punktuell um ein bis zwei Dezibel angehoben werden. Innerhalb der Gruppe bleibt die Verständlichkeit weiterhin erhalten, nur Außenstehende in wenigen Metern Abstand können keine einzelnen Wörter des Gesprächs mehr identifizieren und werden dadurch nicht gestört. Das System arbeitet dabei adaptiv: Setzt sich die Gruppe in Bewegung, wird auch der maskierte Bereich automatisch verschoben. Über eine Heatmap kann der Administrator die akustische Situation im Raum noch genauer beurteilen und punktuelle Veränderungen für ein besseres Klangbild vornehmen. Damit ist es in einer Bürolandschaft, die mit dem Habitat-Soundcaping-System ausgerüstet ist, nicht länger nötig, Bereiche räumlich voneinander zu trennen. Stattdessen können verschiedene Anforderungen – Zonen zum konzentrierten Arbeiten, für Besprechungen in kleinen Gruppen und den informellen Austausch – größtenteils auf akustischem Wege erfüllt werden, was die Möglichkeiten des offenen Büros zusätzlich erweitert. Für die Regulierung des Systems ist ein kleiner Steuerrechner, der Zone Controller, verantwortlich. Er kann jeweils zwei Zonen steuern und kontrollieren. Die Größe einer Zone hängt dabei von der Deckenhöhe ab, die mindestens 2,20m betragen muss. In dieser Konstellation lässt sich eine Fläche von etwa 40 bis 50m² abdecken, bei höheren Decken bis zu 60m².

Visuelle Elemente zur Unterstützung

Um die kognitive Verknüpfung zwischen dem Rauschen des Wassers und den visuellen Eindrücken zu schaffen, gibt es eine Auswahl mehrerer Umsetzungsmöglichkeiten, die auch den Augen fließendes Wasser präsentieren. Dieser Aspekt ist wichtig, da das aus dem Nichts kommende Rauschen ansonsten irritierend wirkt. Am effizientesten sind dabei Wasserfälle. Das Wasser läuft dabei entweder in einem geschlossenen System hinter Glas. Benötigt wird dafür lediglich ein Stromanschluss. Etwas aufwändiger ist ein offener Wasserfall: Hier müssen Wasserleitungen gelegt und Filter gewartet werden. Abgesehen davon, dass ein solcher Wasserfall im Büro ein echter Blickfang ist, bietet das System den großen Vorteil, dass damit die Luftfeuchtigkeit auf angenehme 60 bis 61 Prozent angehoben werden kann. Davon profitieren nicht nur die Atemwege von Allergikern, sondern auch die Zahl der Erkältungen geht in der Regel zurück. Eine Alternative oder Ergänzung zu den echten Wasserfällen sind die so genannten ‚Digital Skylights‘. Dabei handelt es sich um 85″-Displays, die an der Wand oder unter der Decke montiert werden und in Endlosschleife Wasser- und Meeresszenen zeigen. Diese sind genau auf den Sound zugeschnitten, der über die Lautsprecher ertönt. Wie gut das Habitat Soundscaping System funktioniert, kann mittlerweile an einigen Standorten erlebt werden. So hat Poly für die Installation des Systems in den eigenen Büroräumen die Mitarbeiterzufriedenheit evaluiert, aber auch die Firma Leesman mit einer Studie zu Produktivität und Kreativität beauftragt. Demnach stiegen nach Einführung von Habitat Soundscaping die Produktivität um 15 Prozent und das kreative Denken um 32 Prozent. Es gab 20 Prozent mehr informelle soziale Interaktionen, während die Entspannung um 60 Prozent und die Privatsphäre bei Konversationen um 25 Prozent wuchs.

Poly
www.poly.com

Das könnte Sie auch Interessieren