Datensicherungsräume nach EN1047-2

Präventiver Brandschutz

Regelmäßig brennt in Deutschland ein Rechenzentrum. Zwangsläufig geht damit ein teils verheerender Datenverlust einher. Totalausfälle der IT-Anlagen führen bei Industrieunternehmen sogar innerhalb weniger Tage zum Tod. Zwar minimieren Schutzräume dieses Risiko, Schutzraum ist jedoch nicht gleich Schutzraum. Den wichtigsten Unterschied – und damit das niedrigste Risiko – macht wenig überraschend die Höhe der Widerstandsfähigkeit gegen Feuer.

 (Bild: DC-Datacenter-Group GmbH)
(Bild: DC-Datacenter-Group GmbH)

Konventionell errichtete Sicherheitsräume sind nur bauteilgeprüft. Entsprechend werden unterschiedlich begutachtete Bauteile von meist unterschiedlichen Herstellern miteinander kombiniert. Die Effektivität im Katastrophenfall kann dadurch nicht garantiert werden. Datensicherungsräume sind indes im Ganzen typgeprüft nach streng geregelten Vorgaben der EN1047-2. Dadurch gilt die europäische Norm als verlässliches Qualitätsmerkmal für Datensicherungsräume. Die Standards und Grenzwerte, die für eine Zertifizierung der Datensicherungsräume nach EN1047-2 gelten, sind europaweit die strengsten, z.B. dürfen die Temperaturen im Brandfall nach einer Stunde um nur maximal 50K steigen. Das entspricht einer Raumtemperatur von höchstens 70 bis 75°C. Die relative Luftfeuchtigkeit muss im Brandfall zudem unter 85 Prozent bleiben. Im Gegensatz dazu sind bei Bauteilprüfungen, z.B. nach DIN4102 oder den neuen Normreihen EN1363 oder 13501, Temperatursteigerungen von 140-180K erlaubt. Temperaturen können damit bis zu 200°C betragen. Die Luftfeuchtigkeit wird bei solchen Prüfungen erst gar nicht gemessen. Daneben bestehen einzelne, nicht nach EN1047-2 geprüfte Bauteile in der Regel aus Gips, Beton oder Kalksandstein. Diese Materialien enthalten viel Kristallin gebundenes Wasser. Bereits bei vergleichbar kleinen Bränden wird es auf der brandabgewandten Seite in Form von Wasserdampf aus den Materialien in das Rechenzentrum freigesetzt. Wasserdampf bedeutet 100°C Temperatur und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit. Letztere kondensiert und sammelt sich als Wasser im Rechenzentrum an, was den IT-Anlagen den Rest gibt.

Prüfmethode EN1047-2

Die EN1047-2 beschreibt eine umfangreiche Prüfmethode vor äußerer Brandeinwirkung. Sie ermittelt den Schutz von temperatur- und feuchtigkeitsempfindlichen Datenträgern und Hardwaresystemen in Datensicherungsräumen und -containern. Zur Zertifizierung wird der komplette Raum eines Herstellers in einem Brandofen geprüft. Der Probekörper hat circa eine Grundfläche von 12m² sowie eine Höhe von 3m und beinhaltet u.a. auch Türen, Durchführungen für Kabel und Rohre, Tragkonstruktionen für die Decke, Öffnungen zum Druckabbau sowie Klimatisierungen. Da besonders die Verbindungen der Elemente als kritisch zu betrachten sind, kann nur ein vollständiger Systemtest alle Wechselwirkungen untereinander untersuchen. Zudem enthält die Norm eine zusätzliche Prüfmethode: Nach einer ersten Stoßprüfung mit einem 200kg Bleigewicht, der das Bauelement des Datensicherungsraumes standhalten muss, erfolgt eine weitere Beflammungsperiode. Die EN1047-2 bietet folglich zusätzlichen zertifizierten Schutz vor einstürzenden Bauteilen. Von den geprüften Abmessungen können Hersteller in Serie zu vorgegeben Toleranzen abweichen. Von der typgeprüften Größe der Schottungen darf beispielsweise um 15 Prozent abgewichen werden. Die Datenschutzräume selbst dürfen dagegen in Länge und Breite unbegrenzt vergrößert werden. Da das Volumen vergrößert wird, das sich im Brandfall aufheizt, wird somit die Einhaltung der Grenzwerte unkritischer. Die Höhe darf um +50 Prozent vergrößert werden. Auch hier wirkt sich das größere Volumen positiv auf die Temperaturwerte aus. Demnach ist es Herstellern auf Kundenwunsch möglich, Raumhöhen von rund 4,2m zu realisieren ohne gegen Norm- oder Zertifizierungsvorgaben zu verstoßen.

Kein Platz für Ermessensspielraum

Die stetig angepassten Grenzwerte und Hürden einer Zertifizierung nach EN1047-2 erfolgen dabei nicht nach Gutdünken, sondern basieren auf professionellem Fachwissen. Die Prüfmethoden werden von unabhängigen Experten der nationalen Normungsinstitute in ganz Europa erarbeitet. Der im Konsens entstandene Entwurf wird an die nationalen Normungsorganisationen gegeben und zeitgleich einer öffentlichen Umfrage unterzogen. Dadurch haben die einzelnen europäischen Länder die Möglichkeit, sich kritisch zum Entwurf zu äußern. Berechtigte Kritikpunkte werden dann vom Europäischen Normenkomitee in die Norm integriert. Die European Certification Body GmbH arbeitet als Zertifizierungsstelle aktiv in der Erstellung der Norm EN1047-2 mit und kann so entstandene Normänderungen direkt umsetzen. Für die Brandprüfung wählt die ECB nur Institute aus, die die notwendige Erfahrung haben, solche Produkte zu testen. Vor den Prüfungen der einzelnen Datensicherungsräume erhält die Zertifizierungsstelle u.a. detaillierte Dokumentationen, Montageanleitungen oder Materialproben. Dadurch wird der Hersteller bereits bei der Planung und Durchführung der Brandprüfung streng kontrolliert und überwacht. In Serie wird die Überwachung mindestens jährlich bei der Produktion der einzelnen Raummodule wiederholt. Minimum zweimal jährlich findet ein Baustellenaudit bei Montagen der Raumsysteme statt. Bei Abweichungen kann die Anzahl der Audits entsprechend erhöht werden. Materialänderungen, um z.B. Kosten zu reduzieren, sind für Hersteller nur auf Antrag möglich und ziehen gegebenenfalls eine Neuprüfung des gesamten Raum-in-Raum-Systems nach sich. Dies bietet eine lückenlose und herstellerunabhängige Garantie der vollumfänglichen Verfügbarkeit, die bei der Montage lediglich bauteilgeprüfter Teile nicht gegeben ist.

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